Zwischen 1934 bis 1945 wurden über 400.000 Frauen und Männer bzw. Jugendliche ab 13 Jahren zwangssterilisiert. Betroffen waren nicht nur geistig oder körperlich behinderte Menschen, sondern auch Patienten psychiatrischer Heil- und Pflegeanstalten sowie Alkoholkranke. Etwa 5000 Menschen sollen an den Folgen des Eingriffes gestorben sein (wikipedia). Erforscht ist das Thema bundesweit wenig, regionale Studien sind rar. Anders sieht es für die Region Lüneburg aus, wo es jetzt eine Ausstellung zum Thema Zwangssterilisation in der NS-Zeit gibt.
Studierende der Universität Hannover haben rund 1.200 Akten des ehemaligen Erbgesundheitsgerichts Lüneburg erfasst. Diese wurden danach von der Schule für Pflegeberufe des Klinikums Lüneburg ausgewertet. Zusammen mit Kranken- und Personalakten sowie mithilfe der Erinnerungen von Angehörigen wurde daraus die Sonderausstellung „Zwangssterilisation in Lüneburg“ konzipiert, die noch bis 21. Februar 2020 in der VHS REGION Lüneburg, Haagestr. 4, gezeigt wird.
Neben einführenden Informationen und der Vorstellung von Einzelschicksalen „bietet die Ausstellung Details zu beteiligten Einrichtungen sowie Täterschaft und liefert Hintergründe zur politischen Motivation der Unfruchtbarmachungen“, heißt es in der Pressemitteilung. Schulklassen können anhand von kostenfreien Arbeitsblättern einzelne Aspekte und Biografien vertiefen.
Für Dr. Carola S. Rudnick, wissenschaftliche und pädagogische Leiterin der „Euthanasie“- Gedenkstätte Lüneburg und Kuratorin der Ausstellung, hörte die Erforschung des Themas „Zwangssterilisation in Lüneburg“ seit der ersten Ausstellung im Jahr 2017 und der Veröffentlichung des Buchs „Schwachsinn wurde hier nicht festgestellt“ sowie zahlreicher Aufsätze nicht auf. Sie spürte zusätzliche Dokumente auf und ging der Klärung weiterer Schicksale nach. „Diese Forschungsarbeiten lassen noch kein Ende des Ausmaßes der damaligen ›erbgesundheitlichen Maßnahmen‹ erkennen“, betont Rudnick.
Im Rahmen der Eröffnung berichtete sie über diese neueren Erkenntnisse und spannte den Bogen bis in die Gegenwart. Dabei ging sie auch „auf die besorgniserregende Aktualität ,rassenhygienischer Fragestellungen’ ” ein.
Für die VHS REGION Lüneburg und die Gedenkstätte ist die Veranstaltung auch der Auftakt einer intensiveren Zusammenarbeit der beiden Einrichtungen. Von 4. bis 6. Mai 2020 werden sie gemeinsam einen dreitägigen Bildungsurlaub anbieten, und am 6. Mai ist – in Erinnerung an das Kriegsende vor 75 Jahren – eine gemeinsame öffentliche Filmvorführung mit Podium geplant.
Ansprechpartner für die Ausstellung sowie Führungen von Gruppen (außer Schulklassen) ab einer Größe von 15 Personen ist: Dr. Carola S. Rudnick, „Euthanasie“-Gedenkstätte Lüneburg e. V. | info@gedenkstaette-lueneburg.de | Tel. 04131 60 883 72. Weitere Informationen unter www.pk.lueneburg.de/gedenkstaette