Extraordinaire!

Lina Cécile Colliot Schafter, ohne Titel, undatiert, Objekt, Baumwollgarn gehäkelt, mit Bleistift beschriebenes Papier © Sammlung Morgenthaler, Inv. Nr. 999

„Extraordinaire! Unbekannte Werke aus psychiatrischen Einrichtungen in der Schweiz um 1900“ – so lautet der Titel der aktuellen Ausstellung der Sammlung Prinzhorn des Universitätsklinikums Heidelberg, die noch bis 20. Januar 2019  zu sehen ist.  Die  Wanderausstellung  gibt mit rund 160 Exponaten einen Einblick in das  Kunstschaffen Schweizer Anstaltspatienten und -patientinnen um 1900.  

Das künstlerische Schaffen von Psychiatrieinsassen um 1900 stößt zunehmend auf öffentliches Interesse, damals wurde in fast allen europäischen Anstalten künstlerisch gearbeitet. Die entstandenen Werke wurden auch gesammelt. Bis heute sei aber nur ein kleiner Teil der damals entstandenen Werke gesichtet, teilte die Sammlung Prinzhorn mit. In einem einzigartigen Forschungsprojekt der Zürcher Hochschule der Künste wurden von 2006 bis 2014, gefördert vom Schweizer Nationalfonds, die zwischen 1850 und 1930 in Psychiatrien der Schweiz entstandenen Werke erstmals in einer Bilddatenbank erfasst. In den historischen Anstaltsarchiven fanden sich Zeichnungen von Männern und Frauen, die den Patientenakten beigelegt worden waren. Manches  wurde auch in Schränken und auf Dachböden entdeckt.

Die Ausstellung ist gegliedert nach den Anstalten, aus denen die Werke stammen. Zu sehen sind Zeichnungen und einige wenige Skulpturen, darunter große Schiffsmodelle aus Holz und gehäkelte Flugkörper. Die Insassen schufen ihre Werke „mit Hingabe sowie großer technischer und fachlicher Kompetenz. Sie verstanden sie als Beitrag zum öffentlichen Leben, als Erfindung oder Ausdruck eines Gedankengebäudes, als Kritik an der Anstalt oder Bereicherung in ihrem eintönigen Alltag“, heißt es in der Pressemitteilung zur Ausstellung weiter.

Dabei  hätten sie in ihrem künstlerischen Schaffen zugleich ihre Situation reflektiert, nämlich: als geisteskrank bezeichnet, interniert und von der Öffentlichkeit abgeschnitten zu sein. „Deshalb stellen die Arbeiten kostbare, weil äußerst seltene Zeugnisse der Sicht Betroffener dazu dar, was es um 1900 bedeutete, als ,nicht normal’ zu gelten und von der Öffentlichkeit ausgeschlossen zu sein.”             (rd)

Die Ausstellung wandert nächstes Jahr in die Schweiz weiter, wo sie vom 9. Februar bis 19. Mai 2019 im Kunstmuseum Thun und vom 8. Juni bis 18. August 2019 im LENTOS Kunstmuseum in Linz zu sehen ist.  

Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Voßstraße 2, 69115 Heidelberg, https://prinzhorn.ukl-hd.de/