Sörensen hat Angst

Sörensen (Bjarne Mädel) mit Hund Cord vor dem nordfriesischen Wattenmeer. © NDR/Michael Ihle.

Tragisch, komisch, lakonisch – Diese großartige Darstellung einer Angststörung sollten sich TV-Gucker nicht entgehen lassen: In „Sörensen hat Angst”, den die ARD am 20.1. ab 20.15 Uhr und in der Mediathek zeigt,  verkörpert Bjarne Mädel einen Kriminalhauptkommissar mit schwerem Gepäck. Er leidet an einer Angststörung und lässt sich nach Trennung von Frau und Kind von Hamburg ins fiktive Katenbüll versetzen (gedreht wurde in Varel). Er hofft auf Ruhe – und wird mit schlimmsten Verbrechen konfrontiert. Und mit sich selbst und seiner Angst, der er sich stellen muss. 

Gleich nach Sörensens Ankunft sitzt Bürgermeister Hinrichs tot im eigenen Pferdestall. Weitere Tote folgen, die wiederum Opfer hinterlassen … Und sie alle treffen nun ausgerechnet am ersten Dienst-Tag auf  Sörensen. Bjarne Mädel hat dabei doppelt zu „ackern”: Er spielt nicht nur die Hauptrolle des Polizisten, er führte auch erstmals Regie. „Die Herausforderung bei diesem Projekt bestand für mich unter anderem darin, Komik und Tragik in Balance zu“ , erklärt er im Presseheft. Es sei „der sprichwörtliche Ritt auf der Rasierklinge gewesen“. Der Humor habe ihm dazu gedient, „die Zuschauer in die Geschichte hineinzuziehen.“ 

Das Buch stammt von Sven Stricker. Sörensen sei  „keine autobiografische Figur, aber sie deckt viele Aspekte ab, die ich von mir selber und von anderen kenne. Sie basiert auf persönlichen Erfahrungen und auf vielen Gesprächen mit Betroffenen“, erklärt er auf die Frage nach seinem Bezug zu dem Thema.   

Auch Bjarne Mädel sind die Zustände seines traurigen Helden nicht ganz fremd: Es habe mal eine Phase in seinem Leben gegeben, als er Angst vor dem Sterben hatte, sagte er dem Spiegel: „Ich wurde nachts wach, und das Herz raste, aus Angst vor dem, was passieren könnte.“ Er habe damals Angst vor der Unerklärbarkeit und der Endlichkeit des Daseins gehabt. 

Und so kommt die Problematik von Sörensen sehr authentisch „rüber“: Der Kommissar erleidet nicht nur Panikattacken, sondern reagiert auch empfindlich auf Geräusche, alles ist sehr schnell zu laut und zu grell. „Wenn das Fenster geschlossen ist, dann glaubt man im Zimmer zu ersticken. Wenn es geöffnet ist, hört man die Fahnen im Wind flattern und die Masten klappern so laut, dass es nicht zu ertragen ist“, erklärt Stricker.   

Eingebettet in eine auch landschaftliche Schwere, wird die Düsternis groß und größer. „Ich wollte nicht, dass wir einem Polizisten dabei zugucken, wie der mit einer Macke rumläuft“, so Mädel zum Spiegel, „sondern ich wollte, dass der ganze Film sich so anfühlt wie eine beklemmende Angststörung.“  – Auch die Nebenrollen sind blendend besetzt. Vorneweg: Matthias Brandt, der einen völlig kaputten und runtergekommenen Alkoholiker spielt. Im Ergebnis ist ein Krimi entstanden, der – vermutlich gerade wegen der angeknacksten Hauptfigur – soviel authentischer wirkt als andere – und dessen Humor dabei so angenehm tröstend wirkt. Fortsetzung könnte – und sollte – unbedingt folgen! A. Hinrichs

„Sörensen hat Angst”, ARD, 20.1., 20.15 Uhr und in der Mediathek

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