Die Fotografin Nan Goldin ist ein in der New Yorker No-Wave-Undergrond-Bewegung verwurzelter Star der modernen Kunstwelt. Der US-Dokumentarfilm All the Beauty and the Bloodshed (dt.: „All die Schönheit und das Blutvergießen“) zeigt ihren Kampf gegen die Familie Sackler, die als Inhaber des Pharmakonzern Purdue für die weite Verschreibung des Schmerzmittels OxyContin und die Opioidkrise der USA verantwortlich bzw. mitverantwortlich gemacht wird. Dieser sollen in den USA durch Überdosen des Schmerzmittels eine halbe Million Menschen zum Opfer gefallen sein. Die Hersteller hatten das hohe Suchtpotential verschleiert und zugleich massiv Marketing betrieben und Ärzte gedrängt, das Mittel auch bei moderateren Schmerzen in hohen Dosen zu verschreiben (s.a. „Valium für das Volk“, SZ.de v. 11. 2.2022).
AktivistInnen bringen Museen dazu, sich von dem Namen Sackler zu distanzieren
Nan Goldins Fotografien widmen sich Themen wie Sexualität, Sucht und Tod. Nach einer Operation wurde Goldin ein starkes Schmerzmittel verschrieben. Sie wird abhängig, schafft aber im Gegensatz zu unzähligen Anderen den Ausstieg. Seither kämpft sie unermüdlich als Aktivistin gegen die Pharmadynastie Sackler – angetrieben auch durch ihre persönliche Familiengeschichte und das Schicksal ihrer Schwester, die sich einst das Leben nahm.
Doch die Milliardärsfamilie Sackler gehört auch zu den weltweit größten Kunstmäzenen, auf die nicht zuletzt auch Künstler wie Goldin selbst angewiesen sind. Mit mutigen Aktionen zwingt Nan Goldin mit ihren Mitstreitern der Aktivisten-Gruppe P.A.I.N. (Prescription Addiction Intervention Now) große Museen wie den Louvre, die Tate, das Guggenheim und das Met, sich von den Sacklers zu distanzieren.
2019 meldete das von Richard Sackler geführte Unternehmen Insolvenz an. Im März 2022 stimmten die Sacklers einem Vergleich zu: Sechs Milliarden Dollar sollen in die Suchthilfe fließen. Dafür bekommt die Familie, die in den Vorjahren viel Geld aus dem Unternehmen abgezweigt und in Privatvermögen umgemünzt haben soll, Immunität vor zukünftigen zivilrechtlichen Forderungen.
All the Beauty and the Bloodshed von der Oscar®-prämierte Filmemacherin Laura Poitras wurde in Venedig mit dem Goldenen Löwen, dem Hauptpreis des Festivals, ausgezeichnet. (hin/rd)
Einen weiteren Bericht zum Thema lesen Sie in der nächsten EPPENDORFER-Printausgabe, die am 4. Juli erscheint.