GESCHWISTER

Anita, Helga und Hemlut Volkmer, ca. 1937. Privatbesitz Marlene Volkmer. Es ist das Titelbild zur Ausstellung.

In den vergangenen Jahren ist die “Euthanasie”-Gedenkstätte Lüneburg bei der Klärung von Schicksalen immer wieder auf Geschwister gestoßen, die gemeinsam Patientinnen bzw. Patienten der Lüneburger Kinderfachabteilung” oder als Erwachsene Opfer von Zwangssterilisation und “Euthanasie” wurden. Gemeinsam mit SchülerInnen der beiden Lüneburger Pflegeschulen wurde nun die Sonderausstellung  GESCHWISTER erarbeitet. Sie wird anlässlich des bundesweiten Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am Donnerstag, 27. Januar, um 17 Uhr virtuell eröffnet und kann ab dann online besichtigt werden.

„Nicht selten wurden mehrere Geschwister einer Familie zwangssterilisiert, in die NS-Psychiatrie eingewiesen, entrechtet und schließlich ermordet. Oft waren Geschwister Zeuge dessen, waren sie dabei, wenn ihre Brüder und Schwestern gequält und getötet wurden. Das sind innerhalb der ›Euthanasie‹-Verbrechen die tiefsten Abgründe nationalsozialistischer Verfolgung2, betont Dr. Carola Rudnick, Leiterin der Gedenkstätte und Kuratorin der Ausstellung. Zugleich gibt es noch zahlreiche lebende Geschwister ermordeter Kinder, deren Erinnerung bedeutsame Beiträge für die Aufarbeitung der damaligen Verbrechen sind. 

Dokumentation von 50 Geschwister-Biografien

 Neben der Dokumentation von 50 Geschwister-Biografien, erfahren BesucherInnen, wie der Familienalltag mit Kindern mit Behinderungen im Nationalsozialismus war, welche Auswirkungen die rassenhygienische Verfolgung auf mehrfach betroffene Familien hatte und auf welchen Wegen die Schicksale von Geschwister-Kindern bis heute geklärt und aufgearbeitet werden. 

Besonderheit der Ausstellung ist, dass die Angehörigen auch selbst die Geschichte ihrer ermordeten Geschwister erzählen. In zahlreichen Videos erfahren Besucher ganz persönliche Blickwinkel auf den Mord an der Schwester oder dem Bruder, werden Einblicke in Familiengeschichten gegeben, die nachhaltig von rassenbiologischer Diskriminierung geprägt wurden. 

Nebenbei liefert die Ausstellung aktuelle Forschungsergebnisse zur Lüneburger „Kinder-Euthanasie“ und streift auch die Nachkriegspsychiatrie, „in der es hohe Kontinuitäten gab und viele überlebende Geschwister PatientInnen blieben”, wie es in der Ankündigung heißt. (rd)

Die Ausstellung ist nahezu barrierefrei: Sie steht in Leichter Sprache zur Verfügung,  alle Textinformationen sind mithilfe eines Audio-Angebotes auch hörbar. Alle Abbildungen sind erklärt und können nach dem Anklicken in einem Pop-up-Fenster mit der Lupenfunktion vergrößert werden. Die Nutzung des – in Kooperation mit der VHS betriebenen – Online-Portals »geschichte – raum – geben« sowie der Besuch der Sonderausstellung in der Gedenkstätte sind kostenfrei.