Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V. (DGSP) fordert angesichts der Corona-Pandemie die „sofortige Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager, um eine Katastrophe zu verhindern“ und die Aufnahme traumatisierter und besonders schutzbedürftiger Menschen aus den Lagern in Deutschland. In einer Pressemitteilung äußerte sich der Verband „hochgradig alarmiert und besorgt“ über die aktuelle Situation der dort lebenden Kinder, der behinderten und psychisch erkrankten Menschen“ . Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte eine „Evakuierung der Hotspots auf den griechischen Inseln und an der Grenze zur Türkei” und appellierte, umgehend die Zusage einzulösen, Kinder und Jugendliche in Deutschland aufzunehmen.
„Aktuell werden 42.000 geflüchtete Menschen auf den griechischen Inseln in völlig überfüllten EU-Lagern festgehalten, darunter viele Kinder und besonders schutzbedürftige Menschen. Ein Großteil der Menschen ist traumatisiert und geschwächt durch Erfahrungen schlimmster Gewalt“, macht Michaela Hoffmann deutlich. Die Koordinatorin des Fachausschusses Migration der DGSP fordert: Die angesichts der Corona-Pandemie jetzt überall beschworene Solidarität müsse auch diesen Menschen gelten.
Während hierzulande der Solidarität dienende Einschränkungen wie die Abstandsregeln akzeptiert würden und für gestrandete Urlauber eine Luftbrücke eingerichtet wurde, seien an europäischen Grenzen Menschen beschossen und rechtswidrig inhaftiert worden. „Das Recht auf die Beantragung von Asyl war in Griechenland vorübergehend ausgesetzt.“ Jetzt drohe – nach ersten Corona-Fällen auf den griechischen Inseln – auch noch die Katastrophe einer Corona-Epidemie in den Lagern. Hygiene- und Abstandsregeln könnten hier nicht eingehalten werden. „Höchst vulnerable Menschen leben in erbärmlicher Enge, es gibt viel zu wenig Wasser und Seife, viel zu wenig medizinische und psychotherapeutische Betreuung. Hier besteht laut Ärzte ohne Grenzen akute Lebensgefahr für Tausend“, so der Fachverband.
„Es ist ein Skandal, dass ausgerechnet in dieser Situation einer globalen Pandemie, die die Schwächsten am Härtesten trifft und bei der es um Leben und Tod geht, die Europäische Union Menschenrechte und Humanität über Bord wirft und einem solchen Leid tatenlos zusieht“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Es darf keinen von uns kalt lassen, wenn tausende Menschen, in Lagern unter schrecklichen und angesichts der Coronakrise lebensgefährlichen Bedingungen zusammengesperrt sind. Wenn Politik hier nicht hilft, obwohl sie es könnte, ist das nicht nur grausam, sondern zutiefst inhuman“, so Schneider.
Die DGSP fordert die Bundesregierung sowie Länder und Kommunen dazu auf, mehrere Tausend Traumatisierte und Erkrankte, Kinder, Jugendliche und besonders Schutzbedürftige in Deutschland aufzunehmen. Argumente, dafür sei erst eine europäische Lösung nötig, weise der Verband zurück. Die aktuelle „Einigung der Willigen“, 1.600 Kinder auf ganz Europa zu verteilen, sei angesichts der Gefahr völlig ungenügend und wurde bisher nicht umgesetzt.
Für die sofortige Aufnahme Geflüchteter in Städten und Gemeinden, die solidarisch Platz angeboten haben, müsse jetzt endlich die rechtliche Voraussetzung geschaffen werden. Die DGSP fordert aber auch Hilfe für Griechenland: Wegen der Corona-Gefährdung sei hier medizinische und wirtschaftliche Soforthilfe nötig, „damit alle Geflüchteten sicher und menschenwürdig außerhalb von Lagern leben können.“