Fußballprofi
und Alkoholiker

Uli Borowka (Mitte) sprach gut eineinhalb Stunden lang über sein Doppelleben als Ex-Fußballprofi und Alkoholiker. Foto: BBW-Bremen

„Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“ – so lautet der Titel eines Buchs von Ex-Fußballprofi Uli Borowka. Auf Einladung des Berufsbildungswerks Bremen (BBW Bremen) las Borowka jetzt vor rund 550 Auszubildenden daraus vor und redete über seine Alkohol- und Medikamentensucht.

Es war mucksmäuschenstill in der großen Sporthalle des BBW Bremen, als Uli Borowka das Mikrofon in die Hand nahm. Wer nun eine Plauderstunde über das schillernde Leben eines Ex-Fußballprofis erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt: „Borowka rechnete authentisch und schonungslos mit seiner Alkohol- und Medikamentensucht ab und suchte den Kontakt zu den Auszubildenden, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen”, teilte der Veranstalter mit.

„Ich war mal ganz oben“, berichtete der mehrfache Nationalspieler und Pokalsieger den jungen Frauen und Männern, die für diesen Termin von der Arbeit freigestellt wurden, „ich hatte alles, eine Villa in Oberneuland, drei Autos, eine Frau, zwei Kinder.“ Sieben Jahre lang spielte er beim Fußballverein Borussia Mönchengladbach, neun bei Werder Bremen. Der heute 57-Jährige war als schuss- und zweikampfstarker Abwehrspieler gefürchtet, was ihm den Spitznamen „die Axt“ einbrachte. „Und parallel dazu war ich 16 Jahre lang Alkoholiker und 14 Jahre medikamentenabhängig“, ergänzte Borowka.

Im Jahr 1996 wurde sein Vertrag bei Werder gekündigt. Um den persönlichen Absturz eindrücklich zu schildern, las er aus dem ersten Kapitel seines Buches „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“. Darin beschreibt er seine Angst und Einsamkeit, nachdem die Villa verkauft war, Halluzinationen, den Griff nach Alkohol und Medikamenten sowie seinen Suizidversuch.

Es dauerte weitere vier Jahre, bis er seine Alkoholabhängigkeit in einem viermonatigen Klinikaufenthalt aufgearbeitet hatte und trocken wurde. „Ich hatte komplett die Bodenhaftung verloren“, berichtete Borowka, „ich war internet- und spielsüchtig, nahm Drogen, hatte Autounfälle mit Promille und Schulden in einer sechsstelligen Höhe. Ich stand kurz vor dem Knast, für mich gibt es eine Akte!“

Der Ex-Werderaner nutzte seinen Willen und Ehrgeiz, um sich aus dieser Situation wieder herauszukämpfen: „Jeder Tag, an dem ich keinen Alkohol getrunken habe, ist für mich mehr wert als jeder Titel, den ich gewonnen habe!“ Heute setzt Borowka alles daran, um mithilfe seines Vereins zur Suchtprävention und Suchthilfe über Alkoholmissbrauch aufzuklären. Er sprach seine junge Zuhörerschaft direkt an, stellte Nachfragen zum Komasaufen, zum „angetrunkenen Glücklichsein.“ Und klärte eindringlich auf: „Alkohol ist Zellgift“, gab er einem jungen Mann mit auf den Weg, „in jungen Jahren kann Alkohol innere Organe angreifen!“ Er gab Tipps, wie man mit „Saufdruck“ umgehen kann, nämlich sich anderen anvertrauen und darüber zu reden. Borowkas ehrliche und kompromisslose Art kam bei den Jugendlichen gut an: „Seine Offenheit hat mich beeindruckt.“, „Er war total authentisch.“, „Es hat mich begeistert, dass er aus dem Loch selbstständig rausgefunden hat.“, lautete die Resonanz. (rd/ Quelle: BBW Bremen)

Das Berufsbildungswerk Bremen bietet seit mehr als 41 Jahren jungen Menschen mit Handicap die Chance, einen Beruf zu erlernen, der sowohl ihren Talenten als auch den individuellen Einschränkungen entspricht. Derzeit werden im BBW Bremen rund 550 junge Erwachsene aus ganz Deutschland ausgebildet oder auf ihre Ausbildung vorbereitet. Die Palette der 38 verschiedenen Ausbildungen reicht von Berufen im Bereich Wirtschaft und Verwaltung, über Handwerk und Gartenbau, bis zu Ernährung und Hauswirtschaft.