Der Stimme Contra geben

Etwa jeder zehnte Mensch hört gelegentlich Stimmen, die niemand sonst wahrnimmt. Foto: screenshot/www.digital.psy.ruhr-uni-bochum.de

Die Ruhr Universität Bochum bietet erstmals in Deutschland AVATAR-VR-Therapie an, und zwar im Rahmen einer Studie, für die noch Teilnehmende gesucht werden. Der Kern besteht darin, dass Personen, die unter Stimmenhören leiden, im Computer eine digitale Verkörperung ihrer Stimme erstellen und dieser dann, mit Unterstützung eines Therapeuten, in einem Dialog Contra geben.

Etwa jeder zehnte Mensch hört gelegentlich Stimmen, die niemand sonst wahrnimmt. „Viele kommen damit gut klar“, so Prof. Dr. Mar Rus-Calafell, Professorin für Klinische Psychologie und digitale Psychotherapie am Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum. Doch für manche Betroffene können die Stimmen im Kopf zur Qual werden und erheblich den Alltag erschweren.

Sich behaupten gegen die Stimme

In der AVATAR-Therapie gestalten Teilnehmende – gemeinsam mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin – einen digitalen Körper, der der Stimme entspricht, die sie am häufigsten wahrnehmen. So erhalten sie ein Gegenüber, mit dem sie sprechen und dem sie auch widersprechen können. „Es geht darum, die Stimme zu kontrollieren, der Stimme selbstbewusst entgegenzutreten“, erklärt Mar Rus-Calafell.


Auch mehrere Stimmen werden leiser


Die Wirksamkeit der AVATAR-Therapie wurde international bereits in einigen Studie https://www.thelancet.com/journals/lanpsy/article/PIIS2215-0366(17)30427-3/fulltext belegt. Eine Untersuchung, an der Mar Rus-Calafell beteiligt war, zeigte, dass die Teilnehmenden nach der Therapie ihre Stimme seltener hörten und sich seltener von ihr belastet fühlten. In einigen Fällen verstummte die Stimme sogar. Wenn sie mehrere Stimmen hörten, wurden durch den Dialog mit dem Avatar der Hauptstimme auch die anderen Stimmen leiser.

Studie will Wirksamkeit im Frühstadium nachweisen

In der aktuellen Studie geht es darum, „erstmals Nachweise für die Wirksamkeit der AVATAR-Therapie bei deutschen Psychose-Patienten im Frühstadium zu erbringen und die Therapie durch neue immersive VR-Umgebungen zu verbessern, um den Betroffenen zu helfen, ihre Stimme in sozialen Situationen besser zu kontrollieren”, heißt es in der Pressemitteilung der Ruhr-Universität. Die Teilnehmenden werden zufällig auf zwei Gruppen verteilt. Eine Gruppe erhält die AVATAR-Therapie sofort, die andere Gruppe nach sechs Monaten Wartezeit.


Teilnehmen können Personen ab 16 Jahren, die in der Vergangenheit mindestens eine psychotische Episode erlebt haben und seit mindestens sechs Monaten Stimmen hören. Der Beginn der Störung sollte nicht mehr als fünf Jahre zurückliegen. Die insgesamt 13 bis 16 Termine der Studie finden in der Bochumer Innenstadt statt. Alle Infos finden Interessierte online hier.

Die Studie wird unterstützt durch die Alexander-von-Humboldt-Stiftung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.