UKE-Psychiatrie überlastet?

Überlastungsanzeichen: Mitunter greifen Krankenhäuser auf Flurbetten zurück, wenn Stationen voll sind. Foto: erysipel / www.pixelio.de

Was sind die Hintergründe des tragischen Todes eines 34-Jährigen Patienten der Psychiatrie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) nach einem Gewalt-Einsatz von Sicherheitsdienstmitarbeitern am Ostermontag?  Das UKE gibt sich weiter sehr bedeckt, was die konkreten Umstände des Falls angeht und verweist dabei auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.  Eine Senatsanfrage lässt allerdings auf eine gewisse Überlastung der UKE-Psychiatrie schließen. Mitarbeiter der Erwachsenen-Psychiatrie  haben im vergangenen Jahr 43 sogenannte Gefährdungsanzeigen gestellt, wie aus der Anfrage des Abgeordneten der Linken-Fraktion, Deniz Celik, hervorgeht. In diesem Jahr sind bereits 19 solcher Anzeigen eingegangen, mit denen sich Angestellte gegen eine Überlastung und daraus erwachsenen möglichen Gefährdungen wehren können.

Nach Auskunft des UKE entsprach die Personalsituation über die Osterfeiertage der auch sonst an Wochenenden und Feiertagen der „üblichen Personalsituation“. An jedem der Tage seien durchgehend mindestens ein Assistenzarzt und 16,6 Pflegekräfte eingesetzt gewesen. Insgesamt wurden in jenen Tagen zwischen 172 und 178 Patienten betreut, heißt es, allerdings sei eine „erhebliche Anzahl zeitweilig zum Zweck der therapeutischen Belastungserprobung außer Haus“ gewesen. Der Krankenstand in der UKE Psychiatrie wird mit 7, 7 in 2018 beziffert. Das ist hoch und überdurchschnittlich – was aber im Gesundheitswesen insgesamt nicht unüblich ist.

Zum Sicherheitsdienst: Dieser habe im UKE bis 30. April 2019 insgesamt 583 Not- und Interventionseinsätze durchgeführt. Wo genau werde nicht statistisch erfasst.  Im gesamten Jahr 2018 habe es 1170 Einsätze geben.

Ist der Einsatz von Sicherheitskräften in Krankenhäusern bzw. Psychiatrie ungewöhnlich?  Nein, auch nicht in Hamburg. Auch in anderen Häusern wird regelhaft Security eingesetzt – allerdings unter unterschiedlichen Vorzeichen, unterschiedlich qualifiziert und nicht zwangsläufig psychiatrisch geschult. Die Schulung der UKE-Sicherheitsleute scheint dabei gerade besonders qualifiziert. Die Rede ist von „regelhaft alle 14 Tage 90-minütige Schulungsstunden speziell zum Umgang mit psychisch erkrankten Patientinnen und Patienten durch eine Oberärztin/einen Oberarzt der Psychiatrie sowie regelhaft zweimal pro Woche körperliches Verhaltenstraining in Gefahrensituationen durch einen Ausbilder/eine Ausbilderin der Polizei Hamburg.”

In den Asklepios Kliniken Hamburg setze der Sicherheitsdienst das Hausrecht für die jeweilige Klinik durch, heißt es in der Antwort auf die Senatsanfrage weiter. Das Sicherheitspersonal sei nicht befugt, Zwangsmaßnahmen zu vollziehen.  Aber: Unterstützend kann er durchaus wirken. Über Präsenz bei Gesprächen oder Untersuchungen mit/von aggressiven Patienten, Kontrollen auf verbotene Gegenstände,  „Verbringung“ von Betrunkenen in die Ausnüchterungszellen bis hin zur „Unterstützung des ärztlichen und pflegerischen Personals bei Fixierungen bei fremd- und selbstgefährdenden Patienten“. Statistisch erfasst werden solche Einsätze bei Asklepios nicht.

Das Albertinen Krankenhaus beteiligt das Sicherheitspersonal zwar nicht an „physischen Maßnahmen“, wie es heißt. Aber: Seit August 2018 sitzt ein Sicherheitsmitarbeiter in der Zeit von 20  bis 6 Uhr sogar mit auf der Akutstation, ein weiterer am Empfang. Deren Aufgabe sei vornehmlich der Schutz des Klinikpersonals und der  Patienten vor Übergriffen sowie die Unterstützung bei der Ausübung des Hausrechts. „Unmittelbarer Patientenkontakt, insbesondere in eskalierenden Situationen, ist ausdrücklich nicht Aufgabe des Sicherheitsdienstes, hierfür ist das in Deeskalationsmaßnahmen regelmäßig geschulte Klinikpersonal zuständig“, heißt es dazu weiter. Aber:  Bei „außergewöhnlichen Situationen“ könne das Sicherheitspersonal zur Unterstützung angerufen werden.

Die Schön Klinik Hamburg Eilbek schließlich gab an,  dass der Sicherheitsdienst  Patienten ausschließlich verbal auffordere, das Gelände zu verlassen. Sollte  dies „nicht zielführend“ sein, werde die Polizei zur Durchsetzung des Hausrechts hinzugerufen.

Dass es bei dem UKE-Todesfall nicht um eine „Fixierung“ im Sinne des PsychKG (Hamburgisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten) ging, wird in einer Antwort auf eine FDP-Anfrage deutlich gemacht. Es habe sich hier vielmehr „im allgemeinen Wortsinn um ein ,Festhalten’ unter Einsatz von Körperkraft” gehandelt. Dies kann nach §§ 32 bzw. 34 StGB oder wegen „anderer allgemeiner Rechtsfertigungsgründe” gerechtfertigt sein. Ähnliche Vorkommnisse in der Psychiatrie, bei denen Sicherheitsdienste involviert waren, seien in der zuständigen Behörde nicht bekannt. 

Ältere Berichte zum UKE-Todesfalls lesen Sie hier.

Die Bürgerschaftsanfragen finden Sie hier: 

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