800 neue Sitze –
Psychotherapeuten enttäuscht

Die Plätze für Psychotherapie reichen nicht, die Wartezeiten sind lang, seit langem kämpfen Psychotherapeutenverbände daher um eine Reform der Bedarfsplanung, die aus ihrer Sicht  nicht der realen Lage entspreche. Jetzt gab es eine Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) – die wiederum enttäuschte. Denn: Demnach sollen künftig rund 800 neue Vertragspsychotherapeutensitze geschaffen werden.  

Nach den Empfehlungen des G-BA-Gutachtens zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung wären aber über 2.400 zusätzliche Sitze notwendig gewesen, macht die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) deutlich. Besondere Versorgungsengpässe gibt es in ländlichen Regionen und im Ruhrgebiet. Nach dem Vorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, den Patientenvertretern und den Ländervertretern mitgetragen worden sei, wären immerhin knapp 2.000 Sitze in den am schlechtesten versorgten Regionen geschaffen worden. „Durch die grundsätzliche Verweigerung einer sachgerechten Bedarfsplanungsreform konnten die Krankenkassen die Zahl psychotherapeutischer Praxen, die zusätzlich geschaffen werden können, mehr als halbieren. Das ist Politik zulasten von Versicherten, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung kaum in der Lage sind, sich zu wehren”, kritisiert Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK.

Das sieht nicht jeder so. Erst Ende März hatte der bekannte Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz („Irre – wir behandeln die Falschen”) dem BPtK vorgeworfen, jede Reform zu verhindern und psychisch Kranken zu schaden.  Die langen Wartezeiten seien darauf zurückzuführen, dass es keinerlei wirksame Kontrolle gebe, ob ein Kranker bei einem Psychotherapeuten sitze oder ein Mensch in einer Lebenskrise. „Seriöse Experten sind sich inzwischen einig, dass es ein Leichtes wäre, die Wartezeiten von fünf Monaten auf etwa drei Wochen zu senken”, so der Chefarzt des Alexianer Krankenhauses in Köln in einem Gastbeitrag für Spiegel-online. Die unzumutbare Wartezeit liege an einem „kaputten System, das die Behandlung von Gesunden fördert und die wirklich Kranken leer ausgehen lässt”.