130 Jahre
Ochsenzoll

Typisch für die Ochsenzoller Psychiatrie sind die Pavillonbauten. Foto: Asklepios Klinik Nord

Am 1. April ist es 130 Jahre her, dass die ersten PatientInnen auf das Klinikgelände Ochsenzoll einzogen. Damals hieß die heutige Asklepios Klinik NORD – Ochsenzoll „Landwirtschaftliche Kolonie für Geisteskranke“.   Anlässlich des 130. Jahrestages öffnet die Klinik ab heute mit verschiedenen Veranstaltungen ihre Türen für Interessierte und Anwohner. Ziel dabei: Vorurteile und Stigmatisierung von psychisch Erkrankten  abbauen.

Den Auftakt macht heute die Kino-Veranstaltung „Flexibles Flimmern”: Vom 28.-30.März wird in der Mehrzweckhalle an der Langenhorner Chaussee 560 der Film „Canvas” von Joseph Greco aus dem Jahr 2006 gezeigt. Im Zentrum stehen eine unter schizophrenen Schüben leidende Frau und ihre Familie, die gemeinsam lernen müssen, mit der Situation zu leben.

130 Hektar Wald wurden nutzbar gemacht

Bei der Gründung der Psychiatrie sollte bewusst ein dörflicher Charakter des Klinikgeländes entstehen, der zum Teil bis heute erhalten ist. 130 Hektar Waldgebiet wurden dafür nutzbar gemacht, mit Straßen durchzogen und die damaligen Patient:innen in zunächst vier kleinen Krankenpavillons mit insgesamt 200 Betten untergebracht. Zunächst kamen so genannte arbeitsfähige, ruhige, chronisch kranke Männer und Frauen hier unter. 

Vier Jahre nach Gründung wurde aus der Kolonie eine Vollanstalt. „Ochsenzoll blickt von der Gründung über die beiden Weltkriege bis zum heutigen Tage auf eine wechselvolle Geschichte zurück“, schreibt das Klinikum in seiner Pressemitteilung. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden ab 1940 von der ,Heil-, und Pflegeanstalt’ im Rahmen des nationalsozialistischen Euthanasieprogramms über 4000 Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen in Tötungs- und Verwahranstalten deportiert und dort größtenteils ermordet. „Bei medizinischen Versuchen im Rahmen der Kinder-Euthanasie in der ,Kinderfachabteilung’ der Anstalt wurden mindestens 23 Kinder getötet”, so die Klinik. Rund 400.000 Zwangssterilisationen gab es im Reich. Die Schätzungen für Hamburg liegen bei 22.000. (Siehe auch weiteren Bericht zur „Euthanasie” in Hamburg aus dem Jahr 2016).

Tausende PatientInnen wurden deportiert und ermordet

Heute wird der Morde mit einem Euthanasie-Gedenkort  sowie mit „Stolpersteinen“ gedacht, die an die Euthanasieopfer erinnern.  Vor dem Eingang von Haus 5 erinnert eine Gedenktafel an den deutschen Nervenarzt und Psychoanalytiker John F. Rittmeister, der als Mitglied der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus war und 1943 hingerichtet wurde.

Die Psychiatrie Ochsenzoll mit über 1.000 Behandlungsplätzen inklusive der ebenfalls zur Asklepios Klinik Nord gehörende Psychiatrie Wandsbek zählt heute zu einer der größten psychiatrisch-psychotherapeutischen Kliniken Deutschlands. (rd/hin)

Die Veranstaltungen:

Start für das Flexible Flimmern ist jeweils um 20 Uhr.  Vor dem Film werden Betroffene zusammen mit renommierten Psychiatern der Klinik den Film und die dort gezeigte Erkrankung einordnen und beleuchten und für Fragen  zur Verfügung stehen. Ab 18:30 Uhr können Speisen und Getränke erworben werden.  Der Eintritt für die Veranstaltung beträgt 12 Euro. Kartenreservierung unter: reservierungen@flexiblesflimmern.de

Als weitere Veranstaltungen geplant sind  eine Ausstellung von PatientInnen-Kunstwerken sowie eine Reihe von naturkundlichen Rundgängen im Juni. Weitere Informationen auf der Homepage der Klinik.