Zwischen „normal” und „verrückt”

Die Theaterperformance „… Die Sünde des Andersartigen zu riskieren“ ist ein theatraler Spaziergang durch das Leben der Hedwig Debbe. Foto: Kulturambulanz/Fabian-Straub

Die Theaterperformance „… Die Sünde des Andersartigen zu riskieren“ ist ein theatraler Spaziergang durch das Leben der Hedwig Debbe, die sich zwischen 1909 und 1912 wiederholt im St. Jürgen-Asyl in Ellen (dem heutigen Klinikum Bremen-Ost) aufhielt. Eine umfangreiche Krankenakte wurde zur Grundlage für einen dramatischen Text, dessen Inszenierung im vergangenen Jahr auf soviel Publikumsresonanz stieß, dass die Performance am 21./22./23. und 28./29./30.04. 2023 noch einmal gezeigt wird.

„…in der Irrenanstalt bleibe ich nicht, Gott sei Dank“ schreibt Hedwig Debbe 1909 aus dem St. Jürgen-Asyl  an ihren Vater. 1908 war sie auf sein Betreiben entmündigt worden. Man wirft ihr „homo- und heterosexuelle Exzesse“ vor, sowie einen „zwanghaften Hang zur Lüge“. Die Diagnose lautet „Moralische Idiotie“ und ist damals Grund genug für eine Entmündigung. Während ihrer Aufenthalte im St. Jürgen-Asyl kämpft Hedwig Debbe um ihre Entlassung, verbündet sich mit Krankenschwestern, flieht und wird wieder zurückgebracht. 2020 berichteten wir in der Printausgabe EPPENDORFER 3/20 ausführlich über die Lebensgeschichte der Hedwig Debbe, nachzulesen hier.

Die KulturAmbulanz stellte den Geschichtswissenschaftlern der Universität Bremen  die Krankenakte  zur Verfügung. Diese wiederum kooperiert mit dem Zentrum für Performance Studies. Ein Jahr haben Studentinnen und Studenten der Geschichtswissenschaft und der Performance Studies sowie Ensemblemitglieder des Theaters der Versammlung in einem fächerübergreifenden Projekt forschenden Studierens ihre unterschiedlichen Perspektiven auf den Fall Hedwig Debbe zueinander in Beziehung gesetzt. Unter der Regie des Berliner Gastregisseurs Tobias Winter entstand dann „ein Stationen-Theater durch die Leben der Hedwig Debbe.“ Dabei entscheide die Inszenierung die Frage nach Normalität und Verrücktheit nicht, beschreibt es die Unternehmenskommunikation der Gesundheit Nord: „Sie macht vielmehr das Wanken von Selbstverständlichkeiten erfahrbar. Hedwig Debbes Geschichte gibt Zeugnis von mehr als einem Einzelschicksal. Sie stellt die Frage, was normal ist und was verrückt – und wer das zu welcher Zeit bestimmt.“ 

Beginn ist jeweils 19 Uhr im Haus im Park am Klinikum Bremen-Ost. Alle Informationen und Ticketlink unter www.kulturambulanz.de