Warum es beim Klimaschutz
in der Sozialbranche hakt

Für Klimaschutzmaßnahmen wie Photovoltaikanlagen fehlt es in der Sozialbranche an Geld. Symbolfoto: pixabay

Der Klimaschutz in der Sozialbranche kommt nicht voran. Den gemeinnützigen Trägern fehlt das Geld für Dämmung, Photovoltaik oder neue Heizungen. Viele rufen nach dem Staat. Doch es gibt Finanzierungsmodelle, die privates Kapital einbeziehen.


Bis 2050 müssen Fachleuten zufolge 108 Milliarden Euro in die energetische Sanierung von Pflege- und Behindertenheimen, Sozialstationen, Frauenhäusern und Kinderheimen fließen. Denn bundesweit nutzen Sozialträger über 100.000 zum Teil veraltete Gebäude. Obendrauf kommen noch 42 Milliarden Euro für die energetische Sanierung der Krankenhäuser. Die Branche würde handeln, doch ihr fehlt schlicht das Geld.


Das zeigte jüngst eine Fachtagung auf Einladung der Evangelischen Bank. Tobias Gaydoul, Vorstand Finanzen bei der Rummelsberger Diakonie: „Wir verfügen in der Sozialwirtschaft über keine ausreichenden Margen, um Investitionen zu finanzieren. Ohne eine grundlegende Reform der Refinanzierungsmechanismen bleibt unser Potenzial, nachhaltige Projekte voranzutreiben, ungenutzt.“ Dahinter steht die vage Hoffnung, energetische Modernisierungen von den Kostenträgern bezahlt zu bekommen – oder direkt vom Staat.

Gemeinnützige dürfen nur begrenzt Überschüsse erwirtschaften


Gemeinnützige Organisationen arbeiten nicht gewinnorientiert. „Sie dürfen und können nur begrenzt Überschüsse erwirtschaften“, erläutert Simone Zimmermann, die kaufmännische Geschäftsführerin des Paritätischen Sachsen – für die nachhaltige Transformation fehlt also das Geld.
Das bestätigt Peter Hettig, Geschäftsleiter Pflegeheime und Bau bei der diakonischen Stuttgarter Heimstiftung. Sie nutzt rund 140 Gebäude, von denen etwa zwei Drittel nachgerüstet werden müssten. Doch dafür gebe es kaum staatliche Zuschüsse. Die Gesamtkosten lassen sich laut Hettig „nicht pauschal benennen.“ Aber betrachte man nur die Umrüstung der Heizung in einer Einrichtung, „dann sprechen wir über mehrere Hunderttausend Euro, Ähnliches gilt für die nachträgliche Wärmedämmung“.

„Transformation muss im Sozialrecht verankert werden”


„Damit Nachhaltigkeit für Sozialunternehmen wirtschaftlich attraktiv wird, muss das Ziel der nachhaltigen Transformation im Sozialrecht verankert werden“, forderte Professor Christian Berg, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome, vor den Tagungsteilnehmern: „Wenn Kostenträger jeden Anreiz für nachhaltige Investitionen verhindern, indem dadurch die erstattungsfähigen Kosten sinken, ist das auch unter ökonomischen Gesichtspunkten unsinnig.“
Der Sozialökonom Bernd Halfar hält es für naiv, vom Staat Milliarden an Fördergeldern zu erhoffen. „Das sind gigantische Summen“, sagte Halfar dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Der Staat ist nicht in der Lage, das zu finanzieren. Es wäre gut, andere Finanzierungsmodelle ins Auge zu fassen“, so der Eichstätter Professor. Das Problem lasse sich nur lösen mit privatem Kapital in Form von Investmentfonds für Infrastruktur. Investieren könnten Versorgungswerke, Vermögende mit gesellschaftlicher Orientierung, aber auch kirchliche Vermögensverwaltungen: „Das Kapital ist da, in Deutschland wie auch im Ausland.“

Lösung nur mit privatem Kapital und Investmentfonds?


Halfar schlägt vor, Dachflächen mittels privatem Kapital mit Photovoltaik-Anlagen auszurüsten, bei Bedarf gekoppelt mit Energiespeichern. „Dafür bekommen die Geldgeber eine Rendite – jedoch nur dann, wenn der soziale Träger als Energiegenossenschaft oder über eine Kommanditgesellschaft mit dem Investor zusammen eine Contracting-Firma gründet, also einen Energieversorger, der den selbsterzeugten Strom an den oder die Sozialträger verkauft.“ Und zwar zu dem Preis, den der Kostenträger im laufenden Betrieb erstattet. Das müsse sein, „denn die soziale Einrichtung braucht zusammen mit dem Investor eine Kick-back-Lösung, also eine Rückvergütung. Und die liegt in der Differenz zwischen dem Strompreis, den der Kostenträger übernimmt, und dem, der tatsächlich anfällt.“
Der Professor betont, dieses Modell funktioniere auch jenseits der Stromerzeugung: „Denkbar ist es bei der Heizungsumstellung. Eine Wärmepumpe könnte auch einem Investor gehören. Das Gleiche gilt für Energiespeicher.“ Die würden generell in der Zukunft unverzichtbar, so Halfar: „Große Speicher sollten für einen mittleren oder auch größeren Träger unbedingt eine Überlegung wert sein. Im Prinzip wird das Sozialunternehmen dann Energieversorger. Von der geschäftlichen Denke her wäre das die richtige Konsequenz, auch, weil die Renditen sicher sind.“

Dirk Baas (epd)