Tod nach Fixierung

Gedenken an den verstorbenen Psychiatrie-Patienten. Dieses Bild twitterte Christiane Schneider von der Bürgerschaftsfraktion Die Linke.

Inzwischen ist in Hamburg ein zweiter Mann nach einer Fixierung gestorben, der vermutlich psychisch krank war. Der 27-jährige war im Stadtteil Rotherbaum von zwei Polizisten verletzt worden und hatte später im Polizeigewahrsam einen Herz- und Atemstillstand erlitten.  Er starb im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE), berichtet das „Hamburger Abendblatt”.  Die Beamte waren  zu einer Werkstatt  gerufen worden, wo der 27-Jährige einen Mitarbeiter angegriffen hatte. Der Mann soll dann eine Polizistin mit einem Messer im Gesicht verletzt und den zweiten Polizisten durch Schläge verletzt haben. Auf dem Kommissariat habe er laut Polizei erheblichen Widerstand geleistet, bis er kollabierte.  (rd)  (Update 8. Mai)

 

Nach aktuellen Informationen erlag der Psychiatriepatient, der nach einem umstrittenen Einsatz des Sicherheitsdienstes auf dem Gelände des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) gestorben ist,  einem Herzversagen. Das ergab laut NDR eine Obduktion.  Ob das Herzversagen durch Gewalteinwirkung oder durch eine Vorerkrankung ausgelöst wurde, sei noch nicht klar, berichtete der Sender mit Bezug auf die Staatsanwaltschaft. Dafür seien weitere Untersuchungen nötig. Inzwischen soll die Mordkommission wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen eine Ärztin und drei Sicherheitsdienst-Mitarbeiter ermitteln.  

Nach Informationen  des EPPENDORER wurde der Kameruner zunächst auf  freiwilliger Basis auf der offenen Psychosestation  behandelt. Nach „Verschlechterung” seines Zustands  wurde ein (Zwangs-)Unterbringungsbeschluss beantragt.  Der Patient verließ offenbar dennoch die Station. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hätten den 34jährigen aufhalten wollen, doch der Patient widersetzte sich. Im Zuge einer Fixierung verlor der Patient das Bewusstsein und musste reanimiert werden.   Die Mordkommission ermittelt wegen des Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge gegen die Sicherheitskräfte und die diensthabende Ärztin.

 

Am 28. April berichteten wir:

Ein 34-jähriger Patient der psychiatrischen Abteilung im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE)  ist am Freitag an den Folgen eines fragwürdigen Sicherheitsdienst-Einsatzes gestorben.  Der Gewaltvorfall ereignete sich bereits am frühen Ostersonntag auf dem Gelände des UKE. Aus noch unbekannten Gründen hatte der aus Kamerun stammende Mann nach Zwangsmaßnahmen der Sicherheitsleute das Bewusstsein verloren, war reanimiert  und auf die kardiologische Fachstation verlegt worden. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen des Vorwurfs der Körperverletzung gegen die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, aber auch gegen die diensthabende 30 Jahre alte Ärztin, teilte die Pressestelle der Polizei Hamburg mit. 

Der 34jährige Kameruner hatte sich freiwillig behandeln lassen. „Weil sich sein Zustand im Verlauf der Behandlung offenbar erheblich  verschlechterte, sollte durch die Ärztin ein vorläufiger Unterbringungsbeschluss über den Zuführdienst Altona beantragt werden“, so die Polizei weiter. Doch: „Der Patient hatte sich der Anordnung der Unterbringung widersetzt und musste von dem zwischenzeitlich hinzugerufenen Sicherheitsdienst des UKE fixiert werden, als er aus bisher ungeklärten Umständen zusätzliche medizinische Hilfe benötigte“, schilderte die Pressestelle des UKE die Vorkommnisse. Sie sprach von einem „medizinischen Zwischenfall“ bei der „Unterbringung eines hilfsbedürftigen Patienten“ in der Psychiatrie. 

Eine andere Sicht beschreibt die taz mit Verweis auf Augenzeugenberichte anderer Patienten. Unter der Überschrift „Patient ins Koma geprügelt?“ heißt es dort,  der Mann habe draußen gesessen, als eine Mitarbeiterin der Klinik sowie drei Männer des Sicherheitsdienstes ihn aufforderten, ein Medikament zu nehmen. Als er sich verweigerte, seien sie „auf ihn losgegangen”. Zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hätten ihn am Boden fixiert. „Ein anderer ist immer wieder mit dem Knie aus einem halben Meter Höhe in den Rücken und die Nieren rein. Du konntest sehen, dass der Mann Angst hatte“, so die taz mit Bezug auf ein Augenzeugen-Video, das bei Facebook und Whatsapp verbreitet wurde. Das Ganze habe sich nicht im geschlossenen Bereich, sondern in der Tagesklinik abgespielt. 

Fragwürdig ist insbesondere die Rolle des Sicherheitsdienstes „Klinik Logistik & Engineering“ (KLE), einer Tochtergesellschaft des UKE. Die taz zitiert einen anonymen UKE-Mitarbeiter , der angegeben haben soll,  dass einige KLE-Mitarbeiter  regelmäßig schwarze Menschen rassistisch beleidigen sollen. „Ich bin mir sicher, wenn es kein Schwarzer gewesen wäre, wären sie nicht so hart ran gegangen“, zitiert das Blatt. 

Familie und Freunde des Mannes warfen den Sicherheitsleuten rassistische Motive vor. Die „Black Community Hamburg“ rief zu Mahnwachen auf. Die Fraktion der Linken forderte, dass sich der Gesundheitsausschuss in der kommenden Sitzung unter Beteiligung der Verantwortlichen des UKE mit diesem Vorfall befasst. 

Auch der Verein Genesungsbegleitung und Peerberatung Hamburg (GBPH) äußerte sich bestürzt, verurteilte die Vorgehensweise seitens des Sicherheitsdienstes des UKE „aufs Schärfste“ und forderte lückenlose Aufklärung. „Aus uns vorliegenden Betroffenen-Berichten, soll dieses am UKE kein Einzelfall gewesen sein. Uns liegen Informationen vor, nach denen das Sicherheitspersonal einer jungen Frau gewaltsam in den ,Rücken gesprungen’ ist, sie zu Boden drückte und die Ärzte mittels Spritze die junge Frau ruhig gestellt haben.“ 

Der Verein stellt konkret folgende Fragen:  

• Ist es am UKE (und in anderen Hamburger Kliniken) üblich, dass Sicherheitspersonal unterstützend hinzugerufen wird, um das Klinikpersonal bei Maßnahmen durch das PsychKG zu helfen?

• Ist dieses Sicherheitspersonal geschult im Umgang mit Menschen mit einer psychiatrischen Erkrankung? Haben die Sicherheitsmitarbeiter Schulungen erhalten in deeskalierenden Maßnahmen? 

• Wer entscheidet bei Maßnahmen nach dem Hamburger PsychKG? 

• Ist es das medizinische Personal oder agiert das Sicherheitspersonal eigenverantwortlich?

• Wann und durch wen wird die Polizei bei solchen Vorfällen hinzugezogen?

• Wie werden solche Vorgänge, die im Rahmen des PsychKG geschehen, dokumentiert?