Sommer, Sonne,
Depression …

Suizidgefährdete befinden sich oft im Stillstand oder in einer psychischen Abwärtsspirale. Foto: obs/pro psychotherapie e.V./Ulrike Propach

Es klingt paradox: Wenn es draußen schön ist, kann es für Depressive besonders schwierig werden. Und: Im Mai und Juni begehen vergleichsweise die meisten Menschen Suizid. Darauf weist der Verein „pro psychotherapie e.V.” hin. Erklärungsansätze gibt es viele. Psychologen vermuten, dass die positive Stimmung im Frühling und Frühsommer bei Menschen, denen es psychisch nicht gut geht, eher zusätzlichen Frust als Lebensfreude auslöst.

Auf der Internettherapie-Plattform  „selfapy“ ist in einem Blog von „saisonal affektiver Störung“ und Sommerdepression die Rede. Typisch seien eine große Antriebslosigkeit, geringeres Hungergefühl oder etwa der Wunsch soziale Kontakte zu vermeiden. Sie trete seltener auf als die allbekannte Winterdepression, die mit den direkten Auswirkungen des Mangels an natürlichem Licht erklärt wird  – und betreffe großteils die weibliche Bevölkerung. Einige erklären dies damit, dass die Lebensfreude der anderen das eigene Gefühl des Unglücklichseins verstärken könne. Der Anspruch, dass es einem gut geht, sei gerade im Sommer größer als in anderen Jahreszeiten.  Der Sonnenschein erinnert viele daran, dass sie sich selbst gar nicht so sonnig fühlen… 

Wie Angehörige und Freunde die Anzeichen einer Selbsttötungsgefahr  erkennen sowie im akuten Notfall richtig reagieren können, behandelt das ausführliche Dossier von www.therapie.de über Suizid. Darüber hinaus werden Hilfsangebote und Therapiewege beschrieben. Insbesondere bei bereits über einen längeren Zeitraum bestehender Suizidalität seien die Betroffenen nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen. 

Zuallererst helfe die akute Krisenintervention durch Profis, wenn die Tat vermutlich kurz bevor steht oder offen angedroht wurde. Das persönliche Umfeld von Menschen mit Suizidgedanken sei in aller Regel überfordert, wenn es von Suizidplänen eines nahestehenden Menschen erfährt. „Ein niederschwelliges öffentliches Angebot, das Gefährdete und Angehörige in akuten Notlagen auffängt, verstärkte Aufklärung und verbesserte Prävention täten Not“, so der Verein.

 Jeden Tag sterben in Deutschland im Schnitt immer noch rund 27 Menschen an Suizid. Darüber hinaus versuchen täglich weitere 274 Betroffene sich das Leben zu nehmen. Auch wenn die Anzahl der Selbsttötungen in Deutschland von 18.451 im Jahr 1980 auf 9.838 Suizidopfer im Jahr 2016 deutlich gesunken ist, wurde seit über zehn Jahren keine weitere Verringerung der Suizidrate erreicht. In Deutschland sterben jedes Jahr mit durchschnittlich etwa 10.000 Personen mehr Menschen an Suizid als durch Verkehrsunfälle, Drogen, Morde und AIDS zusammen. Männer begehen häufiger Suizid als Frauen. Das Verhältnis liegt bei 1:2,9. Suizidversuche hingegen werden häufiger von Frauen als von Männern durchgeführt. Die Suizidrate steigt zudem mit dem Alter. Sie besonders bei Männern ab dem 60. Lebensjahr erheblich zu. Jede zweite Frau, die einen Suizid begeht, ist älter als 60 Jahre. (rd)