Die Flut: „Rette
sich, wer kann”

Die Redaktion von Andererseits recherchierte vor Ort, im Ahrtal. Foto: Andererseits

Andererseits nennt sich ein Online Magazin für Behinderung und Gesellschaft aus Wien. Bei andererseits machen Menschen mit und ohne Behinderung Journalismus – gleichberechtigt, kritisch und fair bezahlt. Zum Jahrestag der Flut im Ahrtal in Deutschland – bei der insgesamt 134 Menschen ums Leben kamen – veröffentlichte die Redaktion am 11.7. 2023 ihren zweiten Film. In Sinzig an der Ahr ertranken am 14. Juli 2021 unter anderem 12 Menschen mit Behinderungen in einem Haus der Lebenshilfe. „Unsere Recherchen zeigen, dass in Deutschland rund 10 Millionen Menschen mit Behinderungen leben, aber nur wenig vom Katastrophenschutz mitbedacht werden. In Notfallplänen kommen sie kaum vor”, kritisiert die Redaktion von Andererseits.

Eine Strategie, den Schutz von Menschen mit Behinderungen gleichermaßen zu gewährleisten, gebe es auch zwei Jahre nach der Flut nicht. „Kein Ministerium, keine Instanz fühlt sich für eine so große Änderung zuständig. Während die Politik kaum Handlungsbedarf sieht, warnen Betroffene und Expert:innen: Der deutsche und österreichische Katastrophenschutz vergisst eine Gruppe, die ihn besonders braucht. Wer trägt die Verantwortung für die Verstorbenen von Sinzig? Was braucht es, damit Menschen mit Behinderungen sicher sind?”

Für den Film reiste ein Team nach Sinzig

Diesen Fragen geht das Team in der Dokumentation nach, die auf andererseits.org zu sehen ist. Die Produktion erfolgte über den Verein andererseits – für Inklusion im Journalismus und wurde durch die ERSTE Stiftung gefördert. Nun wird der Film über das online-Magazin ausgestrahlt.
Für den Film ist das Team aus Journalist*innen mit und ohne Behinderungen nach Sinzig gefahrem. Journalistin Katharina Brunner führte Regie. Artin Madjidi, Emilia Garbsch und Patricia McAllister-Käfer recherchierten. Außerdem moderierte Madjidi gemeinsam mit Clara Porak die Dokumentation. “Einen Film inklusiv zu gestalten, ist in der Filmproduktion schon an sich revolutionär”, sagt Regisseurin Brunner. “Außerdem zeigen wir einen Aspekt der Klimakrise, den viele andere journalistische Produktionen nicht oder zu wenig berücksichtigen.” Im Film erzählen Betroffene, Angehörige der Verstorbenen und Mitarbeiter:innen der Lebenshilfe, wie sie auf die Flut und ihre Aufarbeitung blicken. Katastrophenschutz-Expert:innen über außerdem Kritik daran, dass Lösungen für besseren Schutz auf der Hand liegen, die politische Umsetzung aber fehle.

„Film zeigt, warum inklusiver Journalismus so wichtig ist”

“Die Veröffentlichung kommt für andererseits zu einem wichtigen Zeitpunkt”, sagt Geschäftsführer Lukas Burnar. andererseits wurde durch den Film “Das Spendenproblem” bekannt, in dem sich die Journalistinnen kritisch mit der Spendenaktion “Licht ins Dunkel” auseinandersetzen. Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Preis des Presseclubs Concordia. “In den letzten Monaten wurden bei uns über 800 Abos abgeschlossen. Unser Ziel es ist es, noch in diesem Jahr 1.500 zahlende Unterstützerinnen für unser Medium zu gewinnen.” Das sei wichtig für die Zukunft des Mediums: “So können unsere Journalistinnen weiterhin unabhängig und inklusiv arbeiten.”

Der Film zeige auch, warum inklusiver Journalismus so wichtig ist, betont Regisseurin Katharina Brunner: “Fluten, Dürren, Hochwasser – all das ist bereits Teil unserer Gegenwart. Die Klimakrise ist jetzt.” Deshalb müssten sich Journalistinnen auch damit beschäftigen, wie gut Entscheidungsträger*innen verschiedene Gruppen der Gesellschaft – gerade die sogenannten “vulnerablen” Gruppen – vor Katastrophen und Extremwetter-Ereignissen schützen, so Brunner. Auch deshalb sei es wichtig, dass andererseits weiterhin besteht und wächst. wichtig. “Unsere Vision sind stabile und faire Arbeitsplätze im Journalismus für Menschen mit Behinderungen,“ sagt Geschäftsführer Lukas Burnar. “Sie umzusetzen klappt nur mit einer starken Community, die hinter andererseits steht.”

Zur Homepage und zum Film geht es hier.