Keine Angst vor Weihnachten!

Weihnachten unter Pandemie-Bedingungen: die Hamburger Genesungsbegleiter (GBPH) laden ins virtuelle Weihnachtscafé. Foto: Drew Coffman/Unsplash

Die Corona-Pandemie hat viele Gewohnheiten und Alltagsstrukturen auf den Kopf gestellt. Weihnachten unter Pandemie-Bedingungen: Das Fest wird für viele anders sein als sonst – kleiner, vielleicht einsamer, improvisiert. Die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) hat Empfehlungen formuliert, die für psychische Entlastung sorgen können. Eine Mannheimer Initiative vermittelt digitale Kontakte und die Hamburger Genesungsbegleiter (GBPH) laden ins virtuelle Weihnachtscafé.

Traditionen und Rituale der Weihnachtszeit dienen aus psychologischer Sicht dazu, gemeinsame Identität und Zugehörigkeit zu stiften. Gerät dies ins Wanken, kann bei all der gesellschaftlichen Unsicherheit in der Pandemie eine zusätzliche psychische Belastung entstehen. Zudem ist in der „dunklen Jahreszeit“ das Risiko einer saisonalen Depression ohnehin erhöht.

 Die DPtV empfiehlt daher …

Perspektiven schaffen. Unsere Psyche will wissen, was als nächstes kommt. Die Kernfrage dieses Jahr ist: Wie verbringe ich Weihnachten, wenn mir meine sonst gewohnte soziale Gruppe nicht zur Verfügung steht? Seien es Familie, Freunde, der Kirchenbesuch, das Restaurant oder die Bar nebenan.

Sprechen Sie rechtzeitig darüber, mit wem und wie Sie Weihnachten verbringen werden. Vermeiden Sie die Frage nicht, denn ein Hin-und-Hergerissen sein (kognitive Dissonanz) macht der Psyche zusätzlichen Stress. Überlegen Sie im Einzelfall auch, welche Möglichkeiten es gibt, mit einer freiwilligen Vorab-Quarantäne Risikopatient*innen besonders zu schützen und den Kontakt über Weihnachten zu halten. Machen Sie einen Plan.

Ideen hamstern. Auch Ideen lassen sich hamstern. Könnten Sie Plätzchen backen, Weihnachtsbaum schmücken auch per Videotelefonat? Würde sich jemand über Briefe, Fotos, Päckchen freuen? Stellen Sie emotionale Nähe statt physischer Nähe her. Wenn Sie Weihnachten nicht allein bleiben wollen, gehen Sie es jetzt aktiv an. Sprechen Sie andere Menschen an, erlauben Sie sich, um Unterstützung zu bitten.

Zeit statt Zeug. Einiges wird in der Pandemie neu gedacht und erlebt. Vielleicht auch unser Konsumverhalten in der Weihnachtszeit? Vielleicht ist es auch entlastend, nicht für viele Leute kochen zu müssen, weniger unterwegs zu sein, weniger „Feiertagsstress“ zu haben? Überlegen Sie, wie Sie sich bewussten Genuss und Zeit für Schönes gönnen können.

Radikale Akzeptanz. Es ist verständlich, dass Veränderungen in der Weihnachtszeit durch die Pandemie traurig oder wütend machen können. Das Konzept der Radikalen Akzeptanz beschreibt die aktive Entscheidung, Dinge, die man nicht beeinflussen kann, zu akzeptieren – und zwar radikal. Dies bedeutet nicht, etwas gutzuheißen oder einverstanden zu sein, sondern lediglich, die Realität so zu sehen, wie sie ist.

Erfolgt dieser psychologische Prozess bewusst als Entscheidung, kann eine Radikale Akzeptanz Selbstwirksamkeit und das Erleben von Handlungsfähigkeit stärken und schleichender Frustration oder sogar Hilflosigkeit entgegenwirken.

Vorfreude durch Zukunftsprojektion. Auch diese Krise wird vorübergehen. Das bedeutet nicht, den Ernst der Lage zu verharmlosen. Es bedeutet auch nicht, „einfach“ positiv zu denken. Machen Sie weitere Pläne, was Sie nach der Pandemie machen wollen. Mit wem werden Sie dann feiern? Wohin in den Urlaub fahren? Von wem in den Arm genommen werden?

Je genauer wir es uns vorstellen, je mehr Sinne wir dabei nutzen, umso stärker wirkt die Imagination. Denn unser Gehirn hat genug gute Erinnerungen gespeichert, um zu wissen, wie es sich anfühlt und kann dann darauf reagieren.

Virtuelles Weihnachtscafé

Wer darüber hinaus Lust auf ein virtuelles Weihnachtscafé hat, wird beim Verein Genesungsbegleitung und Peerberatung Hamburg e.V. fündig. Alle, denen allein zu Hause vor dem Fernseher die Decke auf den Kopf fällt, können sich mit dem Videokonferenz-System GoToMeeting via Internet und PC in dieses virtuelle Café einloggen. Wie das geht, erfahren Interessierte hier.

Vom Weihnachtsgedicht bis zu einem kleinen selbst gespielten Musikstück kann virtuell alles geteilt werden – ganz nach Lust und Laune. Nur für Kaffee und Kuchen muss jeder selbst sorgen.

Der Raum ist an jedem Weihnachtstag (24.12. – 27.12.) jeweils von 15-16 Uhr geöffnet. Die Zugangsdaten finden Sie hier.

#Keinerbleibtallein

Die bundesweite Initiative #Keinerbleibtallein mit Sitz in Mannheim setzt sich dafür ein, dass auch in diesem Jahr Weihnachten niemand alleine feiern muss. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Projekt mehr als 60.000 Teilnehmende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Seit 2018 werden kostenfrei Kontakte vermittelt zwischen Menschen die Gesellschaft bieten und denjenen, die Kontakte suchen. Wegen der Corona-Pandemie seien in diesem Jahr vor allem virtuelle Treffen geplant. Mitmachen kann jeder, der einen Computer mit Internetanschluss oder ein Smartphone hat und über einen Account bei Facebook, Twitter oder Instagram verfügt. Eine Vermittlung per Telefon oder E-mail gebe es aus organisatorischen Gründen nicht. Eine Nachricht in den sozialen Medien mit Angabe der Stadt sei der einfache Weg zu einem Treffen. In diesem Jahr hätten sich bereits 2.000 Menschen gemeldet, die die Weihnachtstage nicht alleine verbringen möchten, aber nur 800 Gastgeber, so Initiator Christian Fein. Das sei auch der Verunsicherung durch die sich ständig änderten Corona-Einschränkungen geschuldet. “Daher setzen wir in diesem Jahr auf virtuelle Treffen”, sagte Fein.

(DPtV/GBPH/epd)