Mezis warnt
vor Datenkraken

Der Datenkrake Otto ist eine Schöpfung des Berliner Künstlers und Aktivisten Peter Ehrentraut. Der Krake steht für die Bemühungen von Geheimdiensten, anderen staatlichen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen, über Bürger und Kunden Daten zu sammeln. Seit 2008 ist Otto bei Demonstrationen und Aktionen des Vereins „Digitalcourage“, der sich für Datenschutz und ungehinderte Kommunikation einsetzt, mit von der Partie. Objekt: Peter Ehrentraut, 2008, Schenkung: Digitalcourage e.V., Foto: SDTB / C. Kirchner

Die Ärzte Initiative Mezis e.V. („Mein Essen zahl ich selbst“) warnt vor „Datenkraken”: Die Arbeitssituation in den Praxen normalisiere sich nur langsam, der direkte Kontakt werde wohl pandemiebedingt bis in den Herbst weiterhin stark eingeschränkt sein, so die „Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte” in einer Pressemitteilung, in der sie vor den Folgen der „oft überhastet“ erfolgten Verlagerung der Kommunikation  mit Patienten und in Klinikteams  auf digitale Kanäle warnt. Mezis listet auf ihrer Homepage Alternativen auf. 

Darum geht’s: Patientendaten stehen zur kommerziellen Verarbeitung ganz oben auf der Wunschliste von Pharmafirmen oder Medizin-Datenkraken, als Beispiel nennt Mezis e.V. in dem Homepage-Beitrag „Die digital souveräne Praxis” u.a. Google mit seinem Projekt Nightingale (dabei geht es um den Bau einer Suchmaschine für Krankheiten). 

Mezis rät: „Chatten Sie nicht über Facebook oder WhatsApp, deren Geschäftsmodell aus personalisierter Werbung besteht, sondern benutzen Sie Dienste, die Datenschutz ernst nehmen wie Signal oder Matrix. Sonst machen Sie nur wieder kostenlos Werbung für Konzerne, die Ihre intimsten (Meta-)Daten klauen und meistbietend verkaufen.“  Wenn Whatsapp in geschäftlichem Rahmen genutzt werde, entstünden  nach Auffassung von Landesdatenschutzbeauftragten und Anwaltskanzleien zudem Haftungsrisiken durch die DSGVO.

Warnung vor WhatsApp

Zusätzlich problematisch bei WhatsApp: Alle Kontakte aus dem Telefonbuch würden in regelmäßigen Abständen ungefragt zu WhatsApp-Facebook-Servern zwecks Datenanalyse und Zielgruppenwerbung hochgeladen. Theoretisch müsste jeder WhatsApp-Nutzer jeden seiner Kontakte in seinem Adressbuch deshalb vorab via Datenschutzgrundverordnung um dessen Einverständnis bitten… 

Alternativ empfiehlt der Ärzteverein den als besonders sicher geltenden Dienst Signal (www.signal.org), ein Dienst, den auch die EU-Kommission ihren Beschäftigten empfehle.  Der werde rein durch Spendengelder finanziert, so dass er nur den Nutzern verpflichtet sei und weder Inhalte noch Metadaten zur kommerziellen Verwendung sammeln müsse.  Installation und Bedienung  auf Mobiltelefonen und Computern sei einfach. 

„Sie sind nicht Kunde, sondern Datenrohstoff”

Auch kommerzielle Programme wie Skype, Zoom, Webex, Microsoft Teams oder Wire würden „bei uns leider immer noch häufig genutzt, einfach, weil sie viel Werbung machen.“ Die Gelder dafür aber holen Sie sich  direkt bei den Nutzern, warnt Mezis e.V.: „Sie sind nicht Kunde, sondern Datenrohstoff.”  Eine  datenschutzfreundlichere Alternativen sei Jitsi. Auch für den Versand von e-mails solle ein sicherer E-Mail-Anbieter verwendet werden. „Nutzen Sie inhabergeführte europäische Anbieter wie etwa posteo.de oder mailbox.org.“

Soziale Netzwerke seien in der Arzt-Patientenkommunikation komplett tabu: „hier drohen Haftungsrisiken!“, so die Ärzteinitiative. Facebook-Diabetikergruppen oder Anorexie-WhatsApp-Gruppen seien allein nur durch die Metadaten „Goldgruben für Analysefirmen und ermöglichen die umfassende Manipulation der Patientinnen und Patienten durch schwer entdeckbare Zielgruppenwerbung.“   (rd)

Zum Vertiefen: Das Thema „Wem gehören unsere Daten?” wird ausführlich im Rahmen der Ausstellung „Das Netz. Menschen, Kabel, Datenströme” im Museumsbereich Ladestraße des Deutschen Technikmuseums behandelt, die ab 16. Juni wieder für Besucherinnen und Besucher zugänglich sein wird. Im Ausstellungsbereich „Information” ist auch Datenkrake Otto zu besichtigen.