Pflegekammer: Neue
Umfrage, keine Beiträge

Was bringt eine Pflegekammer? Darüber wird vor allem in Niedersachsen heftig gestritten. Grafik: bpa

Gegner der Pflegekammer Niedersachsen haben ein Datenleck in der Online-Befragung zur Zukunft der Kammer ausgemacht. Das Sozialministerium setzte die Befragung daraufhin zunächst aus. Mit einer Einigung zwischen der Pflegekammer und dem Sozialministerium ist inzwischen offenbar gesichert, dass Pflegekräfte zumindest im laufenden Jahr keine Beiträge zahlen müssen. Doch Auseinandersetzungen um die Kammer sind damit nicht vom Tisch.

Pflegekräfte in Niedersachsen müssen für das laufende Jahr keine Beiträge für die Mitgliedschaft in der Pflegekammer zahlen. „Das Land löst sein Versprechen ein”, sagte Kammerpräsidentin Nadya Klarmann. Dazu habe es „in letzter Minute” am Montagabend eine Einigung mit dem Landessozialministerium gegeben. Voraussetzung sei dabei, dass bis Ende Juli der Förderbescheid des Landes über sechs Millionen Euro vorliege.

Sozialministerin Carola Reimann (SPD) begrüßte die am Dienstag getroffene Entscheidung der Kammerversammlung. Sie betonte: „Es ist aus Sicht der Landesregierung völlig klar, dass es eine beitragsfinanzierte Kammer in Niedersachsen nicht mehr geben wird.” Der Beschluss ebne dafür den Weg. Reimann kündigte zugleich an, die in der vergangenen Woche nach unerlaubten Zugriffen auf das Onlineportal gestoppte Befragung zur Zukunft der Pflegekammer werde neu gestartet. Der politische Streit um die Kammer habe ein unverhältnismäßiges Maß angenommen und müsse endgültig beendet werden.

Reimann versicherte, die mit der Umfrage beauftragte Kölner Firma Kienbaum Consultants habe weder einen Hackerangriff festgestellt noch seien personenbezogene Daten in die Hände Dritter geraten. Kammergegner waren mit einem Login per Facebook auf bereits teilweise ausgefüllte Fragebögen geraten und hatten dies publik gemacht. Die Ministerin betonte: „Schon der leiseste Verdacht, dass einzelne Fragebögen möglicherweise manipuliert worden sein könnten, diskreditiert diese so wichtige Befragung im Ganzen.” Mit dem Neustart solle auch die in Kritik stehende Frage zur Zukunft der Kammer überdacht werden.

In der Auseinandersetzung der seit ihrer Gründung 2017 umstrittenen Kammer war auch die Ministerin in die Kritik geraten. Der niedersächsische FDP-Chef Stefan Birkner hatte noch am Montag ihren Rücktritt gefordert. Der Widerstand richtet sich unter anderem gegen die Pflichtmitgliedschaft für rund 90.000 Pflegefachkräfte und die Beiträge. Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU hatten sich deshalb Ende November darauf geeinigt, die umstrittene Pflichtzahlung durch eine Anschubfinanzierung abzulösen.

„Finanzierung 2020 ohne Beiträge gesichert”

Klarmann sagte, mit dem jetzt gefundenem Kompromiss sei die Finanzierung der Kammer für 2020 ohne Beiträge gesichert. Solange jeweils Mittel von sechs Millionen Euro bereitgestellt würden, gelte dies auch für die Folgejahre. Eine dauerhafte Beitragsfreiheit sehe sie aber kritisch. „Mitglieder anderer berufsständischer Kammern könnten auf die Idee kommen, ihre Beiträge ebenfalls über Steuermittel finanzieren zu wollen.” Auch zahlreiche Mitglieder hätten sich für eine unabhängige und beitragsfinanzierte Kammer ausgesprochen. Eine von der Landesregierung angekündigte Rückerstattung der Kammer-Beiträge aus den vergangenen beiden Jahren verzögere sich, weil dafür die Finanzierungszusage fehle.

Gegner der Pflegekammer hatten nach eigenen Angaben die IT-Panne entdeckt. Die Koordinatorin des Pflegebündnisses Niedersachsen, Sandra Arndt, berichtete, wie sie über einen Link bei Facebook in einen bereits in Teilen ausgefüllten Fragebogen geraten sei. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt mein Passwort jemals benutzen müssen.” Daraufhin hätten Aktivisten auch bei weiteren Versuchen Bögen öffnen können, die sie hätten verändern können. 

Die Kammergegner hatten nach dem Entdecken des Datenlecks die IT-Experten Anke und Daniel Domscheit-Berg zurate gezogen, wie Kai Boeddinghaus vom Bundesverband für freie Kammern am Dienstag erläuterte. Nach deren Einschätzung müsse die laufende Umfrage sofort komplett beendet werden. „Alles andere ist unverantwortlich.” 

Sozialministerin Carola Reimann (SPD) sagte: „Es ist ausgesprochen bedauerlich und sehr ärgerlich, dass die Befragung der Mitglieder der Pflegekammer nun auf diese Weise ausgebremst wird.” Das Ministerium habe einen renommierten Dienstleister mit der Evaluation beauftragt, um ein belastbares Bild der Stimmung unter den Pflegekräften zu erhalten. Sie erwarte, dass die Kölner Firma Kienbaum Consultants die technischen Probleme so schnell wie möglich abstelle. Entscheidend sei, dass die Befragung zügig fortgesetzt werden könne. Mit der Unterbrechung werde die Entscheidung über die Zukunft der Kammer lediglich vertagt. (epd)