Medizinverbrechen der Nazizeit

Museums-Exponat: Eine alte Ampulle mit dem Schlafmittel Luminal, das Nazis nutzten, um kranke und behinderte Menschen zu ermorden.Ermordet wurden die Euthanasieopfer oft mit einer Überdosierung des Schlafmittels Luminal. Foto: „Medizinhistorisches Museum Hamburg"

Bis Juli findet im Medizinhistorischen Museum Hamburg eine Veranstaltungsreihe statt, die einzelne Aspekte der im Herbst eröffneten Ausstellung „Medizinverbrechen im Nationalsozialismus” im Medizinhistorischen Museum Hamburg vertieft.  

Die Veranstaltungsreihe begann am 19. April mit einer Podiumsdiskussion, die sich der Frage widmete, wie sich die Erinnerung an Krankenmorde und ihre Opfer überhaupt angemessen in einem Museum darstellen lässt. Die nächsten Termine:

Am 24. Mai  liest  Barbara Zoeke aus ihrem Roman „Die Stunde der Spezialisten” (Berlin: Die Andere Bibliothek 2017), mit dem die Psychologin und Schriftstellerin sowohl den Opfern als auch den Tätern der NS-Euthanasie eine Stimme gibt. Ihr Roman wurde mit dem Brüder-Grimm-Preis 2017 der Stadt Hanau ausgezeichnet.

Am 14. Juni hält dann der Düsseldorfer Arzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie  Thorsten Noack einen Vortrag zum Thema „NS-Euthanasie und internationale Öffentlichkeit. Die Rezeption der deutschen Behinderten- und Krankenmorde im Zweiten Weltkrieg.” Der Referent  zeigt, wie Politik und Öffentlichkeit in Großbritannien, den USA und der Schweiz auf die Nachrichten von den Behinderten- und Krankenmorden reagierten und beschreibt die Auswirkungen der internationalen Berichterstattung auf die Kenntnisse der deutschen Bevölkerung sowie auf die Abläufe der Medizinverbrechen.

Am 5. Juli schließlich liest der Schauspieler Jörg Pohl (Thalia Theater) aus der 800 Seiten dicken Anklageschrift des Staatsanwaltes Dietrich Kuhlbrodt (u.a. auch bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief) gegen Pastor Lensch, dem Leiter der Alsterdorfer Anstalten, und Senatsdirektor Struve wegen Beihilfe zum Krankenmord in der NS-Zeit. Zum Hintergrund heißt es in der Ankündigung: „Auf Grundlage der Berichte von Albert Huth, der während der NS-Zeit als Patient der Alsterdorfer Anstalten zwangssterilisiert wurde, ermittelte Staatsanwalt Dietrich Kuhlbrodt ab 1967 zu den Hamburger Krankenmorden. 1973 verfasste er eine über 800 Seiten dicke Anklageschrift gegen Pastor Friedrich Lensch, dem damaligen Leiter der Alsterdorfer Anstalten, und Kurt Struve, der als Leiter der Allgemeinen Verwaltung der Hamburger Gesundheitsbehörde die Verlegung psychisch kranker und körperlich behinderter PatientInnen in NS-Tötungsanstalten organisierte.
Im Anschluss an die Lesung spricht Philipp Osten (Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf) mit Dietrich Kuhlbrodt.

Vor jedem Veranstaltungstermin bietet das Medizinhistorische Museum eine kostenlose Führung durch die neuen Ausstellungsräume. Die Veranstaltungen selbst dauern jeweils von 18 Uhr 30 – 20 Uhr. Veranstaltungsort: Institut für Geschichte und Ethik der Medizin (Fritz-Schumacher-Haus, Geb. N30b) Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Martinistraße 52 oder Seiteneingang Frickestrasse, 20246 Hamburg. Eintritt: frei.       (rd)

s.a. https://www.uke.de/kliniken-institute/institute/geschichte-und-ethik-der-medizin/medizinhistorisches-museum/veranstaltungen-führungen/veranstaltungen/medizinverbrechen-im-ns.html