Dauerkrach
macht krank

Baustellen, Fluglärm, Autoverkehr: dauerhafter Krach beeinträchtigt die Psyche. Symbolfoto: pixabay

Schadet Lärm der Psyche, und welche Wirkungen hat es, wenn Menschen in der Nähe viel befahrener Straßen, Schienen oder Flughäfen leben? Diese Fragen ließ das Bundesumweltamt in mehreren Studien klären. Die Ergebnisse zeigen Zusammenhänge – doch Hilfen für Betroffene lassen sich daraus nicht sofort ableiten. „Es ist nicht mehr die Frage, ob Lärm krank macht, sondern wie genau“, sagte Thomas Myck, zuständiger Fachgebietsleiter im Umweltbundesamt (UBA), zu Beginn einer Tagung, die mit rund 110 Interessierten online stattfand.

Dauerkrach, etwa durch Autos, stelle ein Umweltproblem dar, das die Lebensqualität beeinträchtige und die Gesundheit schädige, so Myck. Nachgewiesen sind etwa Schäden für Herz und Kreislauf. Dass auch die Psyche leidet, wird seit vielen Jahren vermutet. Bereits 2017 gab das UBA Studien dazu in Auftrag – nun ist eine weitere Forschungsreihe abgeschlossen. 

„Tief in die Stunden des Schlafes dröhnt der Lärm fort. Das Rasseln der Wagen, das Sausen und Schlagen, sie beschäftigen unser Gehirn auch im Schlafe“, zitierte Andreas Seidler, Professor an der Technischen Universität Dresden, den Arzt und Psychoanalytiker Wilhelm Stekel, der sich über den Verkehrslärm in Wien im Jahr 1905 sorgte. Damals rumpelten Pferdestraßenbahnen über Kopfsteinpflaster – heute lassen Flugzeuge den Himmel erdröhnen.

NORAH – bislang umfangreichste Untersuchung zur Lärmwirkung

Seidler war bereits bei der NORAH-Studie von 2017 beteiligt, die bislang umfangreichste Untersuchung zum Thema Lärmwirkung, bei der die Daten von mehr als einer Million Menschen rund um den Frankfurter Flughafen über einen längeren Zeitraum untersucht wurden. Mit einigen von ihnen, bei denen psychische Krankheiten aufgetreten waren, führte Seidlers Team vertiefende Interviews, um mögliche Ursachen zu erkunden. Zwar seien oft mehrere Faktoren beteiligt, aber Seidler konnte unter anderem einen Zusammenhang zwischen Fluglärm und Depression feststellen: „Das Risiko einer Erkrankung steigt mit dem Lärm.“ Auch bei Krach von Schiene und Straße gibt – wenn auch geringere – Zusammenhänge. Das Risiko auf eine Demenz erhöht sich bei Dauergeräuschen ebenfalls.  Die Diplom-Ingenieurin Julia Gerlach, ebenfalls von der TU Dresden, erforschte die Lärmbelastung in und um Leipzig, schaute dabei vor allem auf Schlafstörungen und stellte ebenfalls Zusammenhänge zu psychischen Krankheiten fest. 

Nachts kurz aufzuwachen, sei ganz normal, sagt Jörgis Wohtge, Umweltpsychologin und beim UBA zuständig für Umgebungslärm, dem Eppendorfer: „Das passiert 19 bis 20 Mal pro Nacht.“ Dennoch, so würden es die neuen Ergebnisse bestätigen, seien die durch Lärm erzeugten zusätzlichen Wachphasen gefährlich: „Wir haben eine Schlafstruktur. Wird dieser Rhythmus gestört, spürt der Körper Stress.“ Das sei unter anderen an der Herzfrequenz zu sehen, aber auch am gestiegenen Risiko, psychisch krank zu werden. „Wir sehen nun: Kommen drei dieser Phasen dazu, hat das Auswirkungen.“ Esther Geißlinger

(Den vollständigen Bericht lesen Sie in der nächsten EPPENDORFER-Printausgabe, die Anfang Mai erscheint)