Ein Park für
Dorothea Buck

Das hätte ihr gefallen: Der neue „Deckel"-Park in Schnelsen wird nach Dorothea Buck benannt. Foto: A. Hinrichs

Das hätte der Blumenfreundin gefallen: Der im Hamburger Ortsteil Schnelsen auf dem sogenannten Deckel über der Autobahn 7 neu entstehende Park wird nach Dorothea Buck benannt. Damit wird der 2019 im Alter von 102 Jahren verstorbenen Ikone der Betroffenenbewegung ein passendes und vor allem lebendiges Denkmal gesetzt.

Schnelsener reichten 189 Namensvorschläge ein

Die Entscheidung traf der örtliche Regionalausschuss auf Basis von Vorschlägen der Schnelsenerinnen, die insgesamt 189 Lieblingsnamen mit insgesamt 43 Seiten Begründung einreichten, wie der SPD-Bürgerschafts-Abgeordnete Marc Schemmel auf seiner Homepage berichtet.  Diese reichten von „Gustav-Grimm-Park“ (Schnelsener Künstler) über „Schneckel“ (Schnelsen und Deckel) bis hin zum „Heidpark“ (in Anlehnung an den Hydepark in London).

Doch jetzt ist entschieden: Das neue Grün soll an die Bildhauerin und leidenschaftliche Kämpferin für eine humanitäre Behandlung von psychisch kranken Menschen erinnern, die bis zu ihrem Umzug ins Pflegeheim 53 Jahre lang in einem kleinen Hinterhaus inmitten eines Gartens in Schnelsen lebte.

Ebendort, in Schnelsen, auf der seit Dezember 2019 überdeckelten Autobahn 7, entsteht derzeit eine öffentliche Grün- und Erholungsanlage mit einem Quartiersplatz und einer Kleingartenanlage. Ende August vorigen Jahres übernahm das Bezirksamt Eimsbüttel das Projekt und begann mit den Arbeiten an Grünanlagen und Bepflanzung. Der Park soll im Laufe des Jahres fertig werden, die Eröffnung ist für Herbst geplant. Insgesamt sollen etwa 150 Bäume auf dem knapp 2,9 Hektar großen Gelände mit Park- und Kleingartenanlagen gepflanzt werden, und zwar Amber-, Rotahorn- und Kirschbäume, weiß der Sozialdemokrat zu berichten. Mehr über die Planung und den aktuellen Stand lesen Sie hier.

In Bethel zwangssterilisiert


Dorothea Buck wurde am 5. April 1917 in Naumburg a. d. Saale geboren, wo sie als viertes von fünf Kindern eines Pfarrers aufwuchs. 1934 zog die Familie nach Wangerooge, wo sie 19-jährig in eine schwere Krise geriet und 1936 mit der Diagnose Schizophrenie in die v. Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel eingewiesen wurde. Dort litt sie besonders unter der „völligen Sprachlosigkeit“ und wurde u.a. mit stundenlangen kalten Bädern gequält. Außerdem wurde sie zwangssterilisiert.

Insgesamt erlebte sie zwischen 1936 und 1959 fünf schizophrene Schübe. Sie sah ihre Psychose als Selbstfindungsprozess und Einbruch des Unbewussten ins Bewusstsein, als kreativen Heilungsversuch, bei dem es gelte, die Sinnzusammenhänge zwischen Psychose-Inhalten und vorausgegangenen Lebenskrisen zu erkennen. Um die Botschaft zu verstehen, seien Gespräche so wichtig, wurde die Leitfigur der Sozialpsychiatrie nicht müde zu betonen.

1992 gründete sie mit anderen Betroffenen den Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, war Vorstandsmitglied und wurde später dessen Ehrenvorsitzende. Zusammen mit dem kurz vor ihrem Tod vom UKE in den Ruhestand verabschiedeten Prof. Thomas Bock initiierte die mit dem Bundesverdienstkreuz und der Hamburger „Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes in Silber“ ausgezeichnete Autorin* das Modell der Psychose-Seminare, in denen sich Betroffene, Angehörige und Psychiatrie-Beschäftigte austauschen. Und sie machte sich für den Einsatz von Experten aus eigener Erfahrung in der Behandlung stark, was sie auch finanziell unterstützte. Sie starb am 9. Oktober im Alter von 102 Jahren im Hamburger Albertinenhaus. Anke Hinrichs

*Sophie Zerchin (Pseudonym): Auf der Spur des Morgensterns – Psychose als Selbstfindung.

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