Woche der Systemsprenger: Am Montag, 17. Mai, (und anschließend in der Mediathek) zeigt das ZDF das hochgelobte, preisgekrönte Sozialdrama Systemsprenger. Im Anschluss folgt die Dokumentation “Schrei nach Liebe – Wie Kinder zu Systemsprengern werden” von Liz Wieskerstrauch. Wem das noch nicht reicht: Auch die ZDF-“37°”-Reportage am Dienstag, 18. Mai berichtet unter dem Titel „Wütende Systemsprenger“ über traumatisierte Kinder.
Im Spielfilm dreht sich alles um die frühtraumatisierte neunjährige Benni (Helena Zengel), die als aggressiv und unberechenbar gilt und ihre Mitmenschen zur Verzweiflung treibt. Sie pendelt zwischen wechselnden Pflegefamilien, Aufenthalten in der Psychiatrie und Heimen und einer erfolglosen Teilnahme an Anti-Aggressions-Trainings. Ein sehr realistisch anmutender Fall – die Autorin und Regisseurin Nora Fingscheidt hat jahrelang und intensiv recherchiert. Sie steht am Montag, 17. Mai, ab 22.10 Uhr in einem Instagram-Livetalk für Fragen zur Verfügung.
Die an den Spielfilm anschließende Dokumentation “Schrei nach Liebe” zeigt die tatsächliche Situation von Kindern und Jugendlichen, die durch das bundesweite Raster an Hilfesystemen fallen, und hinterfragt, warum dies immer wieder passiert. Experten schätzen, dass es in Deutschland bis zu 13.000 Kinder gibt, die als Systemsprenger gelten.
Bis 13.000 Kinder gelten als Systemsprenger
Autorin Liz Wieskerstrauch begleitet unter anderen den neunjährigen Luca. Weil er geschlagen wurde, hatte ihn das Jugendamt bereits als Säugling aus der Familie genommen. Er kommt zunächst in eine Pflegefamilie, dann in ein Kinderheim und in Wohngruppen. Immer wieder kümmern sich neue Betreuer um ihn – immer wieder baut Luca Vertrauen auf. Und immer wieder wird er enttäuscht. Luca reagiert auf seine Art – mit Beleidigungen, Ausrastern, massiver Gewalt. Für den Bremer Kinderpsychologen Stefan Rücker ist klar: “Mit heftigen Aggressionen zeigen Kinder wie Luca, dass sie eigentlich Nähe suchen. Die Kinder erleben Bindungs- und Beziehungsabrisse. Das ist die Ursache des Problems. Diese Kinder werden nicht zu Systemsprengern, sondern das System macht sie zu Systemsprengern.” Die Doku zeige: „Weil das überforderte Hilfesystem für Kinder wie Luca nicht frühzeitig einen adäquaten Platz findet, werden Kinder zu Systemsprengern. Ein frühzeitiges Kontrollsystem und bundesweit kooperierende Jugendämter könnten helfen, solche Entwicklungen zu verhindern“, so das ZDF in seiner Ankündigung.
Mit sieben Jahren schon zwölf Familien und Einrichtungen hinter sich …
In der “37°”-Reportage “Die Wütenden – Wenn Kinder das System sprengen” am Dienstag schließlich geben die Autorinnen Anabel Münstermann und Valerie Henschel Einblick in das Leben verhaltensauffälliger Kinder. So wie Lennard (12), der am liebsten den ganzen Tag mit dem Hund aus der Nachbarschaft spielen würde. “Wenn ich traurig bin, weil ich nicht bei meiner Mama sein kann, tröstet mich der Hund.” Nicht bei seiner Mutter sein zu können, ist das Gefühl, das Lennard seit seinem dritten Lebensjahr begleitet und das ihn manchmal an seine Grenzen bringt – zum Ausrasten, wie er das nennt. Nach traumatischen Kindheitserlebnissen wurde Lennard von seiner damals noch sehr jungen Mutter getrennt und seitdem durch die Instanzen des Jugendhilfesystems gereicht. Mit sieben Jahren hatte er bereits in zwölf verschiedenen Familien und Einrichtungen gelebt, weil für ihn und seine Wut nirgendwo dauerhaft Platz war. In seiner dreizehnten Station, einer betreuten Jungen-WG im Harz, würde er gern bleiben. Die Ausraster sind selten geworden, und einmal im Monat darf er seine Mutter und seine kleine Schwester besuchen. Ein Stück Normalität, die sich Lennard schon so viele Jahre wünscht.