Die Traumata der Kinder

Ob Syrien, Ukraine oder Israel und Gaza: Viele Kinder erleiden Kriegstraumata. Symbolfoto: pixabay

Ein Thema der diesjährigen „Ärztekanzel“ in der Hamburger Hauptkirche St. Nikolai (Klosterstern) sind Kriegstraumata bei Kindern und Jugendlichen. Am 15. November (20 Uhr) gehe es darum, wie Kinder nach Krieg und Vertreibung stark gemacht werden können, teilte die Hauptkirche mit. Ein Abschlussgottesdienst der „Ärztekanzel“ findet am 19. November (10 Uhr) statt. Betrachtet würden psychosoziale Folgen von Gewalt, Krieg und Flucht. Wie Kinder Extremsituationen verarbeiten, erklärt Anna Turinsky, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin der Hamburger Stiftung „Children for Tomorrow“, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Wie äußern sich Traumata bei Minderjährigen?

Anna Turinsky: Viele Kinder und Jugendliche leiden unter Flashbacks und Albträumen, in denen sie die belastenden Erinnerungen wieder erleben. Sie schlafen schlecht, haben psychosomatischen Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen, können sich oft im Unterricht nicht gut konzentrieren, sind reizbar, impulsiv und schreckhaft. Manche ziehen sich zurück oder scheinen sich in ihrer Entwicklung zurückzuentwickeln, nässen wieder ein, sprechen schlechter oder zeigen Ängste, die sie vorher nicht hatten.

epd: Welche Rolle spielt das Alter der Kinder?

Turinsky: Jüngere Kinder können ihr emotionales Erleben nicht ausreichend differenziert sprachlich zum Ausdruck bringen. Oft werden bei ihnen die Belastungen beim Malen oder im Spiel deutlich, in dem sie lustlos oder angestrengt wirkend Situationen wiederholend inszenieren. Bei Jugendlichen führen traumatische Erlebnisse unter Umständen zu Suchtverhalten, selbstverletzendes Verhalten und Selbstmordgedanken. All diese Verhaltensweisen dienen den Kindern und Jugendlichen dazu, einen Umgang mit ihren traumatischen Erlebnissen zu finden und diese irgendwie zu verarbeiten. Sie sind also als ‘normale Reaktionen auf unnormale Ereignisse’ zu verstehen.

epd: Wie kann Kindern bei der Bewältigung von Kriegserfahrungen geholfen werden?

Turinsky: Kinder und Jugendliche brauchen einen Raum, in dem sie ihre traumatischen Erlebnisse ausdrücken und verarbeiten können. Die therapeutische Arbeit an Traumata braucht vor allem Vertrauen, Motivation und Zeit, damit all dieses entstehen und wachsen kann. Dafür sind Sicherheit, Stabilität und verlässliche, klare Strukturen eine wichtige Voraussetzung. Es ist unerlässlich, Eltern und Lehrkräfte einzubeziehen.

epd