Sechs Jahre nach ihrer Gründung ist die Alternative für Deutschland (AfD) in allen deutschen Landesparlamenten, als größte Oppositionsfraktion im Bundestag und im Europäischen Parlament vertreten. Die Wissenschaftler der Universität Trier (Sozialpsychologie) Prof. Dr. Eva Walther und Diplom-Psychologe Simon Isemann haben die Partei aus psychologischer Perspektive betrachtet. „Politik wirkt immer durch psychologische Faktoren“, so die Autoren. In ihrem Buch „Die AfD – psychologisch betrachtet” kommen sie zu dem Schluss, dass die Partei auf unerfüllte psychologische Bedürfnisse der Menschen wie Sicherheit, Versorgung und Wertschätzung scheinbare Lösungen anbietet. Zum Beispiel gelinge es der AfD auf der einen Seite, bei Menschen das Gefühl von Benachteiligung zu wecken. Auf der anderen Seite suggeriere die Partei, „man werde dieser Benachteiligung entgegenwirken“.
Dagegen könnten Regierungsparteien mit Fakten schwerlich ankommen. „Objektive Faktoren sind für das subjektive Empfinden oft nicht maßgeblich. Was zählt ist der soziale Vergleich mit anderen und auf dieser Basis das Gefühl von Benachteiligung“, sagt Eva Walther. „Die etablierten Parteien tun sich in der Abwehr von Populismus deshalb schwer“, so Simon Isemann, „weil sie ihre Politik mühsam mit Argumenten vermitteln.“ Dagegen setze die AfD – skrupelloser als andere Parteien – verstärkt auf psychologische Faktoren. So würden Missmut und Ängste bestimmter Gruppen gezielt geschürt und entsprechende Sündenböcke präsentiert.
Laut Eva Walther widerspricht das AfD-Programm sogar den Interessen erheblicher Teile der eigenen Wählerschaft. „Mit der AfD geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander. Im AfD-Programm ist kaum Verbesserung für ärmere Schichten in Sicht“. Auf eine klare politische Linie könne sich die Partei jedoch bisher nicht verständigen. Dahinter vermutet Simon Isemann aber Kalkül, um möglichst heterogene Wählergruppen anzusprechen.
Den regierenden Kräften empfehlen Walther und Isemann, einen genauen Blick auf die psychologischen Grundbedürfnisse der Menschen zu werfen, wie materielle Sicherheit, Kontrolle, Wertschätzung und eigene Bedeutung. „In dem Maße wie es die Politik schafft, diese Bedürfnisse aufzugreifen, schwindet auch die Anziehungskraft populistischer Parteien“.
Eva Walther, Simon D. Isemann (Hrsg.): Die AfD – psychologisch betrachtet. Springer, 2019, 237 Seiten, 39,99 Euro
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