David-Ruben Thies ist gelernter Krankenpfleger. Weil er zeigen wollte, dass es besser geht in Deutschlands Klinken, wechselte er ins Management. Seine Vision: Ein First-Class Patientenhotel, mit Bio-Essen und Kaminfeuer. Auch für Kassenpatienten. Der Dokumentarfilm „Vier Sterne Plus“ von Antje Schneider („Die schöne Krista“) begleitet den umtriebigen Visionär zwei Jahre lang bei der Umsetzung und endet mit der Eröffnung des Neubaus der auf Orthopädie spezialisierten kommunalen Waldkliniken Eisenberg.Der Film steht ab Freitag, 16. September, sechs Monate lang in der ZDFmediathek und wird am 19. September um 0.15 Uhr als Free-TV-Premiere gezeigt.
Ein Bettenhaus, indem es nicht nach Desinfektionsmittel riecht, sondern nach Holz und frisch gebackenem Brot. Wo in den Zimmern Kaffee- und Teebereiter warten und der Blick ins Grüne geht. Wo im Restaurant ein Sternekoch aufwartet und vielleicht gar ein Humidor zum Rauchen einlädt, während die Ärzte in Großzonenbüros vernetzter und besser zusammenarbeiten. Bestes Hotel verknüpft mit bestem Krankenhausstandard, das ist die Vision. Ziel: Patienten und Personal locken. Bauen kann das nicht Irgendeiner, da muss der italienische Stararchitekt Matteo Thun ran. Und so treffen sich dann Luxus-Hotel-Spezialist und Kliniken-Betriebswirt.
In der Thüringer Klinik mangelt es vor allem an Anästhesisten
Thies traut sich was, das zeigt schon die Zigarette, die der Süchtige gefühlt 20mal vor laufender Kamera raucht. Als Gesundheitsmanager wohlgemerkt. Aber es geht ja um Orthopädie … Sein Ausgangspunkt: Die Misere der deutschen Krankenhäuser. Viele der fast 2000 Krankenhäuser in Deutschland arbeiten defizitär. Hinzu kommt der zunehmende Pflegenotstand. In der Thüringer Klinik mangelt es vor allem an Anästhesisten. This ist überzeugt, es geht besser hierzulande, wo „unheimlich viel Geld verbrannt“ werde. Auf der Suche nach neuen Wegen reist er um die Welt. Wir sehen ihn in Vietnam, wo er um Anästhesisten wirbt. Dann wieder in Maastricht. Und wir erfahren, dass Deutschland im Vergleich zu Holland mit angeblich 80 Prozent weniger Krankenhausbetten das Dreifache pro Bett und Jahr für Klinikpatienten ausgebe. Von einer Konferenz in Luzern nimmt er die Idee von so genannten Units mit – eine Schwester als Ansprechpartnerin für sieben Patienten – die die klassischen Stationen ablösen. Er ist aber auch politisch unterwegs, macht im Land und im Bund Lobbyarbeit für seine und für bessere Klinken.
Und dann kam Corona …
Mitten im Film ein heftiger Einschnitt: Corona. Abgesagte OP’S, eine Million Euro pro Woche Erlösverlust. Zwischenzeitlicher Investitionsstop. Leere Flure. Dazwischen der Geschäftsführer, der versunken auf einem Flügel spielt.
Und dann ist der Bau doch fertig. Was mit einer opulenten Eröffnung gefeiert wird. 62,5 Millionen Euro hat das Gebäude gekostet. „Damit ist es pro Quadratmeter nicht teurer, als ein gängiger Krankenhaus-Neubau in gleicher Größe“, sagt David-Ruben Thies. Der Lohn des neuen Wegs: Mehrere Auszeichnungen, schon drei neue Anästhesisten und viel Renommee. Wie sich die strukturellen Umstellungen in der Praxis bewähren, bekommt der Zuschauer nicht mehr zu sehen.
Thies bleibt konstant – und raucht weiter. Zieht sich aber für eine Auszeit in die Toskana zurück. Nicht ohne eine letzte Weisheit zu hinterlassen: „Kompromiss“, sagt er am Ende, ist der Tod der Qualität.“ A. Hinrichs