Ein Abend für Christiane F. – und die Auswirkungen des Drogendramas, dem 1981 allein in deutschen Kinos fünf Millionen Menschen zuschauten. Arte tv zeigt heute Abend (und noch eine kurze Weile in der Mediathek) den Originalfilm „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“. Anschließend wird die wirkmächtige Verfilmung der wahren Geschichte der Christiane Felscherinow mit zwei Dokumentationen in die damalige gesellschaftliche Situation sowie die weitere Entwicklung eingeordnet.
Ende der 70er Jahre erschütterte der Bestseller die Republik, in dem die STERN-Journalisten Kai Hermann und Horst Rieck die Tonbandaufzeichnungen ihrer Gespräche mit Christiane F. verarbeitet hatten. Im Mittelpunkt: Das Elend von drogenabhängigen Kindern und Jugendlichen, die rund um Bahnhöfe und öffentliche Toiletten Berlins sowie die Discothek „Sound“ den Drogen verfielen, zur Finanzierung ihre Körper verkauften und vielfach an Heroin zugrunde gingen. Nie zuvor wurden Drogensucht, Entzug und Prostitution so radikal dargestellt.
Die Darstellung warf eine neue Perspektive auf die damalige deutsche Drogenszene. Der bis dahin anonyme „Junkie“ hatte nun das Gesicht von Christiane F., einem hübschen Mädchen aus der Mittelschicht, das in der Berliner Hochhaussiedlung Gropiusstadt aufwuchs, morgens in die Schule ging und nachmittags auf den Strich. Das Erscheinen des Buches, das zur Pflichtlektüre an den Schulen wurde, änderte den Umgang mit Drogenabhängigen von Grund auf. Süchtige hatten eine Stimme bekommen.
Mit einem Besuch in einer akzeptierenden Drogeneinrichtung wird auch ein Bogen zu heute geschlagen. Von der Situation damals, als für geschätzte 100.000 Süchtige in Deutschland nur rund 1200 Therapieplätze zur Verfügung standen und die Psychiatrien mit Drogenkids nichts anfangen konnten. Bis zu Einrichtungen akzeptierender Drogenarbeit heute, die Entzug nicht mehr zur Voraussetzung für Hilfe machen. Schließlich ist Christiane F. auch Zeugnis eines bis heute nicht gewonnenen Kriegs gegen die Drogen. (hin)
Siehe auch weiteren Bericht über die Serie …: