Bock und Kröber über
Psyche und Gewalt

Prof. Hans-Ludwig Kröber leitete lange das Institut für Forensische Psychiatrie der Charité Berlin. Foto: screenshot

Verfolgt man die Berichterstattung, könnte man denken, dass Gewalt meist mit Störungen seelischer Art zusammenhängt. Spektakuläre Morde würden oft vorschnell mit psychischer Erkrankung in Verbindung gebracht. Doch: Wenn Menschen gewalttätig werden, habe das fast immer andere Gründe, so der frühere Leiter der UKE-Psychosenambulanz, Prof. Thomas Bock. Die Angst vor psychisch Erkrankten werde so entgegen der statistischen Wahrscheinlichkeit immer weiter geschürt. „Warum psychische Erkrankung Gewalt nicht erklärt!“ lautet nun der Titel eines Dialogs, den er im Rahmen der von ihm mit initiierten Vorlesungsreihe „Anthropologische Psychiatrie” mit Prof. Hans-Ludwig Kröber führte. Kröber war bis zu seiner Emeritierung 2016 langjähriger Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Charité Berlin und zählt zu den gefragtesten Kriminalpsychiatern und Gutachtern Deutschlands. Das Gespräch kann hier online nachverfolgt werden.

„Seit Kain und Abel töten Menschen – aus Habsucht, Eifersucht, Gier … oder in Kriegen potenziert durch gesellschaftliche / wirtschaftliche Interessen. Viel häufiger werden Menschen mit psychischer Sensibilität / Erkrankung Opfer – aus unterschiedlichen Gründen“, so Bock in seiner Ankündigung weiter. Im Gespräch geht es auch um die allgemeinen Lebenserfahrungen und biographische Hintergründe von Tätern, um Gewalt in der Psychiatrie und um die Frage, ob Gewalt gesellschaftlich wirklich zunimmt oder eher unsere Sensibilität für dieses Thema. „Ein humanistisches Plädoyer für Respekt gegenüber allen Menschen, ihrer Gewordenheit und ihrer Entwicklungschancen“, so Bock.

Es handelt sich um den letzten Beitrag zum Rahmenthema „Der Gewalt begegnen – und ihr entgegenwirken“. Auch die übrigen inhaltlichen Beiträge stehen weiter online zur Verfügung. Dabei geht es um traumasensible Behandlung (Prof. Ingo Schäfer), um sensibilisieren gegen Zwang (Dr. Candelaria Mahlke), über Alternativen zur strukturellen Gewalt (Dr. Lieselotte Mahler) bis hin zum Gewaltrisiko im Nahbereich (Prof. Michaela Amering). Ein trialogisches Gespräch mit Dr. Sabine Schütze (früher Oberärztin aus dem Vivantes Klinikum Neukölln, jetzt open-dialog-Trainerin), Gwen Schulz (Genesungsbegleiterin) und Marion Ryan (Angehörigen-Begleiterin) beschließt die Reihe.

 Im Sommersemester soll es weitergehen.  Dann sollen sich die Dialoge  vor allem soziologischen Themen widmen, und zwar unter dem Titel „Seele in veränderter Gesellschaft“.