Cannabis: Die Sorgen
der Angehörigen

Die Angehörigen sorgen sich vor allem um Jugendliche und junge Erwachsene und fordern eine Heraufsetzung des Alters, ab dem künftig legal Cannabis werden kann. Symbolfoto: pixabay

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum „kontrollierten Umgang mit Cannabis“ wurde Mitte Oktober nach einer ersten Lesung im Bundestag zu weiteren Beratungen in die beteiligten Ausschüsse verwiesen. Viele warnen vor einer Teil-Legalisierung. So auch die Angehörigen von psychisch kranken Menschen.

Eigentlich soll die geplante Teil-Legalisierung schon ab Januar wirksam werden. Dann soll der Besitz und Konsum von 25 Gramm Cannabis bei Menschen ab 18 strafffrei bleiben, jeder Erwachsene soll drei Hanfpflanzen selbst oder als Mitglied eines Clubs anbauen dürfen. Begleitet werden soll dies von einer breiten Kampagne zur Aufklärung über die Gefahren – insbesondere für Jugendliche.

„Jugendliche gefährdet, vermehrt an Psychosen zu erkrankten”

Der Verband der Angehörigen psychisch kranker Menschen e.V. ist eigentlich gegen Legalisierung. Insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene seien gefährdet, vermehrt an Psychosen zu erkranken, heißt es am Anfang eines gemeinsamen Positionspapiers von fünf Landesverbänden (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg). Unter den aktuell geplanten Bedingungen werde es eher zu einer Erhöhung des Angebots und einer Verharmlosung der Droge kommen, fürchten sie, damit würden verstärkt Anreize und Möglichkeiten für junge Menschen geschaffen, Cannabis zu konsumieren. 

Auch angekündigten  Präventions- und Aufklärungsprogrammen stehen sie skeptisch gegenüber.  Ähnliche Kampagnen bei Alkohol und Zigaretten würden nicht dazu führen, dass diese, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, weniger konsumiert werden. „Im Gegenteil: Ergebnisse einer Umfrage von Dezember 2022 zeigen, dass sich die Zahl der rauchenden 14- bis 17-jährigen in einem Jahr fast verdoppelt hat, und das, obwohl dieser Altersgruppe noch gar keine Tabakprodukte verkauft werden dürfen.“ 

Erkrankungshöhepunkt um das 20. Lebensjahr herum

Bei den benannten Gefahren stehen die Psychosen im Vordergrund. Häufig erkrankten junge Menschen zwischen Mitte der Pubertät bis Mitte 30. Der Erkrankungshöhepunkt liege um das 20. Lebensjahr herum, „also ein Alter, in dem es laut den aktuellen Cannabis-Legalisierungsvorhaben möglich sein wird, uneingeschränkt Zugriff auf Cannabis zu erhalten. Dabei ist zu diesem Zeitpunkt das Gehirn noch nicht vollends entwickelt, was bei einem Cannabiskonsum zu anhaltenden Störungen der Hirnfunktionen führen kann“.

Tragischerweise, heißt es weiter, liege den meisten psychotischen Erkrankungen ohnehin eine Verzögerung der Hirnreifung zugrunde, die zu den bekannten Störungen der Informationsverarbeitung mit einer Entwicklung von Wahn und Halluzinationen beitrage. Da die davon Betroffenen dank des Cannabiskonsums zunächst eine gewisse Entspannung durch die initial beruhigende Wirkung von THC empfinden würden, „würden sie bei einer leichteren Zugänglichkeit von Cannabis in doppelter Hinsicht gefährdet“, wird Prof. Dr. med. Josef Bäuml von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums rechts der Isar der TU München zitiert. 

Gefahr von Intelligenzverlusten bis hin zu Lernbehinderung

Dr. med. Tatjana Tafese, Kinder- und Jugendärztin und Psychotherapeutin sowie Mitglied des Vorstandsteams des Hamburger Landesverbands, verweist auf die Ergebnisse einer Fachtagung des DZSKJ (Deutsches Zentrum für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters) in Hamburg: „Neben den teilweise Leben zerstörenden schweren psychischen Erkrankungen ist auch der Verlust kognitiver Fähigkeiten äußerst besorgniserregend. So kann es zu Intelligenzverlusten bis hin zur Lernbehinderung und sogar geistigen Behinderung kommen. In einer Zeit, in der immer mehr junge Menschen die Schule ohne Abschluss verlassen, ist das unbedingt zu verhindern!“ 

Forderung: „Verkauf erst ab Menschen ab dem 25. Lebensjahr”

Konkret fordern die Verbände: mit einem „schlüssigen Konzept“ absolut sicher zu stellen, dass Cannabis nicht an Minderjährige weitergegeben werden kann, auch nicht über Dritte, den Verkauf von Cannabis erst an Menschen ab dem 25. Lebensjahr zu ermöglichen und  „nachvollziehbar wirksame Präventions- und Aufklärungsprogramme, nicht nur für Cannabis, an Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen zu installieren, die einen sichtbaren Effekt auf das Konsumverhalten haben und Kinder und Jugendliche langfristig vor Suchterkrankungen schützen“.

Fazit von Karl Heinz Möhrmann, Vorstandsmitglied des Landesverbands Bayern: „Noch besser wäre es, wenn man von einer Legalisierung absehen und stattdessen vorhandene Ressourcen dazu nutzen würde, die bestehenden Drogenprobleme in den Griff zu bekommen. Dies würde vermutlich vielen jungen Menschen zugutekommen, die bereits jetzt die Verlierer des Cannabiskonsums sind.“  (rd)