„Beihilfe zum Tod
keine ärztliche Aufgabe”

Das Karlsruher Urteil zur Suizidbeihilfe wird nach Auffassung der DGPPN* für Ärzte und Psychiater weitreichende Konsequenzen haben. Insbesondere Psychiatern drohe eine neue Rolle zuzukommen. „Als Gutachter werden sie absehbar darüber entscheiden müssen, inwieweit die Selbstbestimmungsfähigkeit und der freie, uneingeschränkte Wille eines Menschen in Hinblick auf seinen Sterbewunsch gegeben ist.” Diesen Rollenwechsel hält die Fachgesellschaft für „inakzeptabel“: „Psychiater laufen Gefahr, in ihrer außerordentlichen Vertrauensposition gegenüber den Menschen als Fürsprecher oder Gegner ihres Sterbewunsches instrumentalisiert zu werden. Psychiatrische Expertise darf aber nicht für oder gegen das Leben entscheiden. Der Gesetzgeber ist angehalten, das Recht entsprechend umsichtig zu regulieren“, heißt es in einer Pressemeldung.

Die DGPPN weist in diesem Zusammenhang „mit Sorge” auf „die wachsende Tendenz zu immer mehr Leistungsdruck und Selbstoptimierung. Sozialer Druck dürfe niemals dazu führen, dass eine schwerkranke Person sich genötigt fühlt, ihr Leben zu beenden, nur um niemandem „zur Last“ zu fallen.“ Gefordert wird ein „gesellschaftliches Umdenken“: „Aufgabe und Ziel einer modernen Gesellschaft muss es sein, Menschen in Notlagen abzuholen und ihren Lebensmut zu stärken. Es liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen, mit Achtung, Fürsorge und Zuwendung auf alte, kranke und geschwächte Mitmenschen zuzugehen und Wege der Selbsthilfe zu ebnen.“

Rund 10.000 Menschen sterben jährlich in Deutschland an einem Suizid, weit über 100.000 Suizidversuche werden im gleichen Zeitraum geschätzt. Laut aktueller Suizidforschung stehen 90 Prozent aller Suizide in unmittelbaren Zusammenhang mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen. Diese können auch die Einsichtsfähigkeit beeinträchtigen. Damit betrifft das Thema Sterbehilfe in besonderem Maße die Psychiatrie und Psychotherapie. (rd)

*Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde

Siehe auch:  DGPPN-Stellungnahme Ärztlich assistierter Suizid anlässlich des BVerfG-Urteils 2015

Weitere Berichte zum Thema entnehmen sie der nächste EPPENDORFER-Printausgabe, die am 10. März erscheint.