Alles neu
auf dem Hesterberg

Malen mit Minister: Die Ehrengäste, darunter Minister Heiner Garg (3.v.l.), durften letzte Hand an ein Kunstwerk legen. Das Bild wird demnächst in der Klinik aufgehängt. Foto: Geißlinger

Neue Gebäude für neue Konzepte: Drei Jahre lang wurde auf dem Schleswiger Hesterberg saniert und gebaut. Mit dem Umzug in die neuen oder erneuerten Häuser will die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie auch die therapeutische Arbeit umstellen. 14,7 Millionen Euro haben das Land Schleswig-Holstein und Klinikbetreiber Helios in den historischen Standort gesteckt.

Viel Lob gab es von den Gästen der Einweihungsfeier – einerseits für die Geldgeber, also das Land und den Helios-Konzern, andererseits für das Personal der Klinik, das während der gut dreijährige Planungs- und Bauzeit den Betrieb in den alten Gebäuden aufrecht erhielt. Denn gebaut wurde an mehreren Stellen auf dem parkähnlichen Gelände. Fast alle Stationen und Bereiche ziehen um. Einige ältere Gebäude, darunter das zentrale Bettenhaus, werden aufgegeben.

Größter Neubau ist ein neues Bettenhaus, das in wohngruppen-ähnliche Flure mit je zwölf Betten in Zweierzimmern eingeteilt wird. „Bisher haben wir große Abteilungen“, sagt Chefarzt Martin Jung. Künftig können Gruppen nach Krankheitsbildern wie Depression, Sucht oder Essstörungen eingeteilt werden. 

Aufenthaltsräume und Stationsküchen sorgen für Abwechslung im Klinikalltag. Zu jedem Zimmer gehört ein eigenes Bad – das allerdings außerhalb des Zimmers liegt: „Damit wir im Blick haben, ob sich jemand erbricht oder einen Suizidversuch macht“, sagt Jung. Im alten Gebäude gab es nur einen Massenwaschsaal, den viele Jugendliche unschön fanden. Ebenso wichtig für die jugendlichen Patienten: „Im neuen Haus funktioniert Wlan“, sagt der Chefarzt. Den Umgang mit Smartphones zu lernen, ist für viele der Patienten ein Ziel: Mediensucht und gefährdender Umgang mit den Geräten spielt in vielen Krankengeschichten eine Rolle.

Jugendliche, die in eine Krise geraten, können innerhalb der Stationen in abgeschiedenere Zimmer verlegt werden. So können sie einerseits im vertrauten Umfeld bleiben, haben andererseits Ruhe und stören auch die Mitpatienten nicht. 

Kleinere Kinder sind in einem anderen Gebäude untergebracht. Hier gibt es auch eine Abteilung für Eltern-Kind-Therapie. Dabei wird neben dem kindlichen Patienten ein Elternteil stationär aufgenommen. In eigenen Elterngruppen lernen Mütter und Väter, wie sie im Alltag besser mit den Problemen ihrer Kinder umgehen können.

Die Klinik ist die viertgrößte Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland und eine von vier stationären Einrichtungen dieser Art in Schleswig-Holstein. Schon im 19. Jahrhundert gab es auf dem Schleswiger Hesterberg eine psychiatrische Anstalt für Kinder und Jugendliche, die mit damals modernen Konzepten arbeitete. Während der NS-Zeit wurden kleine Patienten des Hesterbergs zu „unwertem Leben“ erklärt und in die Vernichtungslager gebracht. In den 1950er bis in die 70er Jahre hinein herrschten Zustände, in denen Kinder und Jugendliche verwahrt statt gefördert wurden. Viele von ihnen erlebten brutale Behandlungen. Eine Forschergruppe befasst sich mit Medikamententests an Kindern.

Einen weiteren Bericht sowie ein Interview mit Chefarzt Martin Jung lesen Sie in der nächsten EPPENDORFER-Printausgabe (6/19), die Anfang November erscheint.