„Kinder bekommen
unheimlich viel mit”

Kriegsbilder machen Angst. Symbolfoto: pixabay

Nachrichten über Kriege und Katastrophen belasten viele Kinder und Jugendliche. Eltern sind oft verunsichert, wie sie reagieren sollen. “Auf keinen Fall weghören”, sagen Experten.

In den Nachrichten, in zahlreichen Sondersendungen sowie im Internet sind die Bilder des Angriffs der russischen Armee auf die Ukraine allgegenwärtig. Viele Kinder bekommen davon Angst. Kinder- und Jugendpsychiater empfehlen den Eltern, auf die Sorgen des Nachwuchses einzugehen, die Belastungen anzusprechen und Trost zu spenden.

Jungen und Mädchen vor Nachrichten von Katastrophen und Kriegen fernzuhalten, sei nicht sinnvoll, ist die Kinder- und Jugendpsychiaterin Heidi Igl überzeugt. „Man sollte das den Kindern altersgerecht erklären und darf auf keinen Fall weghören, wenn sie Sorgen oder Ängste äußern“, sagt die Oberärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Kinder- und Jugendklinik Datteln. „Kinder bekommen unheimlich viel mit“, betont sie.

Das bestätigt auch Claus-Rüdiger Haas, Ärztlicher Direktor der LWL-Klinik Marl-Sinsen. „Belastungen und Ängste werden von den Kindern sehr schnell erkannt“, erklärt der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Daher sei es wichtig, offen mit den eigenen Sorgen umzugehen, Transparenz bedeute „aber nicht, Kinder und Jugendliche mit Details zu konfrontieren“.

Kinder reagieren häufig mit Rückzug und Verunsicherung

Eltern sollten genau auf mögliche Signale und Auffälligkeiten bei ihren Kindern achten. „Wenn Kinder sich Sorgen machen, reagieren sie häufig mit Rückzug und einer allgemeinen Verunsicherung“, berichtet Haas. Manche Kinder versuchten, aufkommende Spannungen abzureagieren. Sie könnten dann gereizt und auch impulsiv sein. Deshalb sei es wichtig, „den Kindern Zeit zu widmen und ihnen die Möglichkeit zu geben, von sich aus die inneren Sorgen anzusprechen“.

Die Kinder sollten im Gespräch mit den Eltern die Möglichkeit haben, ihre Gefühle zu äußern – und von Mutter oder Vater gegebenenfalls auch in den Arm genommen und getröstet zu werden, erklärt Oberärztin Igl. Wie viel Information Eltern ihren Kindern geben sollten, hänge dabei weniger vom jeweiligen Alter als von Entwicklungsstand und Persönlichkeit der Jungen und Mädchen ab. Es sei wichtig, vom Kind auszugehen. „Da sollte jedes Elternteil sein Kind realistisch einschätzen“, betont sie.

„Tagesschau” für Vorschulkinder nicht geeignet

Bei Kleinkindern sollte man allerdings laut der Kinder- und Jugendpsychiaterin im Gespräch möglichst nicht so stark ins Detail gehen wie etwa bei älteren Kindern. Auch die „Tagesschau“ und ähnliche Formate seien für Vorschulkinder in der Regel noch nicht geeignet. Dafür gebe es eher Kindernachrichten etwa der öffentlich-rechtlichen Sender, die gemeinsam geschaut werden könnten.

Das sieht auch Klinikdirektor Haas so. Es könne „wichtig sein, Informationen und Nachrichten den Kindern kindgerecht mitzuteilen“. Kindersendungen wie „Logo“ machten dies „gut“.

Fernseh- oder Internetverbote halten beide Mediziner für kontraproduktiv. „Verbote verunsichern die Kinder, machen sie neugierig“, sagt Haas. Außerdem seien sie im Alltag kaum umzusetzen

„Ein Verbot macht vieles ja erst interessant“, ergänzt Kollegin Igl. Statt eines generellen Verbotes könnten die Kinder zu einer sinnvollen und dem Alter angemessenen Mediennutzung angehalten werden. Gegebenenfalls könnten die Eltern auch Alterssperren für bestimmte Sendungen oder Inhalte einrichten.

epd