Es reicht nur ein Klick: Kinder und Jugendliche sind in den digitalen Medien täglich der massiven Bedrohung durch Cybergrooming ausgesetzt. Unter – strafbarem – Cybergrooming (sinngemäß Internet-Anbahnung) versteht man das gezielte Einwirken auf Personen im Internet mit dem Ziel der Anbahnung sexueller Kontakte. Der tschechische Kinofilm „Gefangen im Netz“ soll den Blick für die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet schärfen und dokumentiert in erschreckenden Bildern, was passieren kann, wenn Kinder allein im Netz unterwegs sind.
Zu sehen ist ein Experiment: Drei volljährige, aber sehr mädchenhaft aussehende Schauspielerinnen gaben sich auf verschiedenen social-media-Kanälen mit fiktiven Profilen als 12-Jährige aus, chatteten aus sorgfältig nachgebauten ‚„Kinderzimmern“ in einem Filmstudio mit Männern aller Altersgruppen. Innerhalb von zehn Tagen wurden laut der Macher 2458 Männer mit eindeutigen Absichten angelockt, die die Mädchen kontaktierten. Die meisten fragten nach Sex am Bildschirm und schickten explizite Fotos oder Links zu Pornoseiten. Einige versuchten, die Mädchen zu erpressen.
Der Film erzählt das Drama der drei Darstellerinnen vom Casting über die ersten Kontakte bis zu Treffen mit den Männern. Sechs Kameras drehten die Ereignisse mit; die Dreharbeiten wurden juristisch und psychologisch umfassend betreut und begleitet.
500.000 ZuschauerInnen in Tschechien
„Gefangen im Netz“ fand in Tschechien mehr als 500.000 KinozuschauerInnen. Das filmische Experiment sorgte für Furore – mit juristischen Folgen für einige der Männer. Zuletzt war von 50 Tätern die Rede, die beobachtet und strafrechtlich verfolgt wurden. Eine Anzahl von Urteilen sei verhängt worden, in der Mehrzahl der Fälle wurden die Strafen zur Bewährung ausgesetzt.
Fast jede/r zweite Jugendliche wird im Netz „angemacht“, so das Presseheft mit Verweis auf die Organisation für digitalen Kinderschutz „Innocence in Danger e.V.“, laut derer 728.000 Erwachsene in Deutschland sexuelle Online-Kontakte zu Kindern hätten.
Cybergrooming greift immer weiter um sich
98 Prozent der Opfer von Livestream-Missbrauch, wie Cybergrooming auch genannt werde, seien 13 Jahre oder jünger. 96 Prozent von ihnen seien dabei alleine in häuslicher Umgebung zu sehen. Aktuelle Erhebungen sähen inzwischen auch eine Verbreitung von Cybergrooming bis ins Kindergartenalter.
Der bereits mehrfach verschobene Kinostart war zuletzt für 24. Juni geplant. Für Schulen, PädagogInnen, LehrerInnen, Erzieher, Institutionen, Verbände etc. ist eine Version von 63 Minuten verfügbar, die um explizite Szenen gekürzt ist. Der Dokumentarfilm wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet. (rd)