Keine Teststrategie, keine Impfpriorisierung, zu wenig Computer fürs Homeschooling und vor allem schon vor Corona zu wenig Personal: Den Mitarbeitenden der stationären Kinder- und Jugendhilfe geht langsam die Luft aus. Darauf macht die Diakonie Schleswig-Holstein aufmerksam, die in dem Bereich rund 1800 Plätze vorhält. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Diakonie für einen besseren Personalschlüssel sowie ein rasches Impfangebot für die Mitarbeitenden und Jugendlichen in den Einrichtungen ein.
Die Pandemie habe auch ein strukturelles Problem in der Kinder- und Jugendhilfe verstärkt: die ohnehin angespannte Personalsituation. Die für die stationären Wohngruppen in Schleswig-Holstein vereinbarten Personalschlüssel entsprächen überwiegend nicht mehr den Anforderungen an die Betreuenden. „Es geht um die Arbeit mit oft hochbelasteten Kindern, Jugendlichen und deren Familien, intensive Erziehungsarbeit, Medienpädagogik und zunehmende Anforderungen an die Dokumentation“, macht die Diakonie SH in einer Pressemitteilung deutlich.
Schichtdienst, Überstunden, kein Urlaub …
In der Pandemie kam noch das Homeschooling hinzu – und das alles im Schichtdienst. Überstunden hätten sich angehäuft, Urlaub wurde nicht genommen. „Die Mitarbeitenden geraten zunehmend an ihre Grenzen“, sagt Claudia Langholz, Geschäftsführerin Kinder- und Jugendhilfe in der NGD-Gruppe. „Um auch künftig in der stationären Kinder- und Jugendhilfe eine verantwortliche Betreuung gewährleisten zu können, muss der Personalschlüssel dringend angehoben werden.“
Quarantäne und Homeschooling wurden zur großen Herausforderung
In den vergangenen Monaten waren die sozialen Kontakte der Kinder und Jugendlichen außerhalb der Wohngruppen stark eingeschränkt. Sie durften Familien, Angehörige und Freunde kaum sehen. Außerdem mussten immer wieder ganze Wohngruppen oder einzelne Jugendliche wegen Infektionen mit dem Corona-Virus in Quarantäne. Eine große Herausforderung sei auch das Homeschooling gewesen. In vielen Einrichtungen fehlten ausreichend Computer oder Laptops. „Die Betreuerinnen und Betreuer mussten gleichzeitig Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Schulen und Klassen betreuen, mit teils unterschiedlichen Lernunterlagen und Konzepten für das Distanzlernen.“
Erschwerend kam hinzu, dass es im Unterschied zu den Schulen für die Kinder- und Jugendhilfe keine Teststrategie gab und weder die Betreuenden noch die jungen Menschen in eine Impfpriorisierungsgruppe aufgenommen wurden. „Die Betreuenden mussten ständig mit der Gefahr leben, sich und ihre eigenen Familien zu infizieren“, so die Diakonie. (rd)