Große Trauer in Sehnde-Ilten: Der langjährige Leiter und Inhaber des Klinikums Wahrendorff ist am 4. Oktober nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Der Psychiater, Anästhesist und Unternehmer wurde 77 Jahre alt.
„In über 30 Jahren hat Dr. Matthias Wiilkening das heutige Wahrendorff mit seinen Bereichen Klinikum Wohnen und Tagwerk durch viel Kreativität und Wertschätzung aufgebaut und geformt”, heißt es in der Traueranzeige von Geschäftsführung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem Betriebsrat: „Herr Dr. Wilkening war unkonventionell, wagte neue, ungewöhnliche Wege, baute auf gesundem Menschenverstand statt starrer Regelungen, war immer nah an den Menschen und ein Kämpfer für Toleranz und gegen Stigmatisierung…Wir vermissen einen Freidenker und Möglichmacher.“
1993 übernahm Wilkening die 1862 gegründeten Wahrendorff-Kliniken – „zu einem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen eigentlich vor dem Untergang nicht mehr zu retten war. Die Einrichtung glich damals eher einer Verwahranstalt statt einer Klinik“, beschrieb es die Hannoversche Allgemeine in ihrem Nachruf. „Aus der Zahlungsunfähigkeit der Klinik entwickelte der promovierte Anästhesist, Psychiater und Neurologe über Jahre Europas größte psychiatrische Klinik in privater Trägerschaft und damit ein Leuchtturmunternehmen für die Region Hannover – auch wenn die Anfangsjahre nicht konfliktfrei verliefen.” So sorgte damals Austritt des Unternehmens aus dem Flächentarifvertrag für Streit mit Betriebsräten.
Neues Klinikum als Krönung des Lebenswerks
Heute gehören zu Wahrendorff rund 300 Klinikbetten, rund 500 Pflegeheimbetten und ca. 1100 in Teilen geschützte Eingliederungshilfeplätze. Am 19. April dieses Jahres erlebte Wilkening mit der Einweihung des neuen Fachkrankenhauses für die Seele in Köthenwald noch eine Sternstunde und die Krönung seines Lebenswerks. Damals kündigte der geschäftsführende Gesellschafter der Klinikum Wahrendorff GmbH zugleich seinen Abschied an, dies sei seine letzte große Veranstaltung. Ende des Jahres werde er seine Geschäftsführertätigkeit aufgeben, so Wilkening vor rund 180 geladenen Gästen, darunter auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.
Dem Gebäude drückte er mit einer Kunstspende seinen ganz eigenen Stempel auf: Auf dem Speisesaal thront eine Lichtkuppel des amerikanischen Künstlers James Turell, die sowohl von innen wie außen die Farben wechselt und das Erleben von Kunst intensiv mit der therapeutischen Wirkung von Licht, Farben und Raum verbinden sollte, wie es hieß. Ein persönliches Geschenk des Eigentümers, der über den Preis schwieg.
Doch Wilkening engagierte sich nicht nur für Kunst und Therapie, sondern auch im Jazz-Club und in seinem Verein Hannover 96. Politisch stand er der FDP nahe. Er hinterlässt seine Ehefrau und zwei Töchter. (rd)