Wegen Corona: Neue Substitutionsambulanz

Eine Sozialpädagogin des Drob Inn erklärt einem Klienten das Informationsblatt zur Substitution mit Methadon. Foto: Jugendhilfe e.V.

Von harten Drogen abhängige Menschen gehören zu den Risikogruppen für eine Erkrankung an COVID-19. Gleichzeitig können mit dem Corona-Virus-Infizierte auch eine Gefahr für die Öffentlichkeit sein. Deshalb wird das niedrigschwellige Angebot für diese Gruppe jetzt ausgeweitet und zwar ab Montag, dem 6. April um 16.15 Uhr im Drob Inn im Beratungs- und Gesundheitszentrum St. Georg.

Einkommensquellen versiegen

In einer gemeinsamen Erklärung schreiben der Arbeitskreis Suchtmedizin der Ärztekammer Hamburg und der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, die Qualitätskommission Substitutionsbehandlung der Kassenärztlichen Vereinigung und die Klinik für Abhängigkeitserkrankungen im Krankenhaus ASKLEPIOS Hamburg Nord Ochsenzoll, dass es unter den aktuellen Bedingungen der COVID-19 Pandemie einen erhöhten Bedarf an einer Substitutionsbehandlung gebe: „Bislang nicht substituierte Opioidabhängige in prekären Verhältnissen sehen sich ihrer Einkommensquellen wie Flaschensammeln, Betteln, Hinz&Kunzt Verkäufe u.a. beraubt. Die Preise auf dem Markt für illegale Opioide und abgezweigte Substitutionsmedikamente steigen an.“

Bisher unversorgte Opiatabhängige stark gefährdet

Das bedeutet für diese Menschen, dass sie auf schlechten oder gestreckten Stoff oder auf Tabletten ausweichen müssen oder sogar in den kalten Entzug gehen. Da viele von ihnen aufgrund von Vorerkrankungen, einem geschwächten Immunsystem und Lungenerkrankungen wie COPD durch die Verbreitung des Corona-Virus gesundheitlich stark gefährdet sind, hat sich die Behörde für Gesundheit- und Verbraucherschutz entschlossen, für bisher unversorgte Opiatabhängige aus den Mitteln, die zur Bekämpfung der COVID- 19 Pandemie zur Verfügung gestellt werden, eine niedrigschwellige Substitutionsambulanz im Drob Inn zu finanzieren.

Ambulanz täglich geöffnet

Die Ambulanz im Drob Inn wird Opiatkonsument*innen mit und ohne Krankenversicherungsschutz versorgen. Um einen Wiederverkauf des Ersatzmittels Methadon zu verhindern, wird das Substitut als Flüssigkeit in einem Trinkbecher „unter Sicht“ vergeben. Gleichzeitig werden die in die Substitutionsbehandlung aufgenommenen Opiatkonsument*innen, die COVID- 19-Symptome aufweisen, gemäß der Empfehlungen des Robert Koch Instituts auf COVID-19 getestet. Für diese Aufgabe stellt Jugendhilfe e.V. vier Ärzte und Ärztinnen sowie auch Sozialpädagog*innen aus seinem Personal zur medizinischen und psychosozialen Versorgung bereit. Weitere substituierende Ärzte, die nicht beim Jugendhilfe e. V. beschäftigt sind, haben bereits ihre Unterstützung zugesagt. Die Ambulanz im Drob Inn ist ab Montag, dem 6. April täglich für dreieinhalb Stunden geöffnet.

Mit Hilfe dieses Dosiersystems wird Methadon in flüssiger Form an die Klient*innen portioniert und ausgegeben. Ziel: Wiederverkäufe zu verhindern. Foto: Jugendhilfe e.V.
 

Fehlende Schutzkleidung und Desinfektionsmittel

Bei der Beschaffung von Schutzkleidung, professionellen Masken und Desinfektionsmitteln für die Betreuung im Drob Inn gibt es allerdings immer noch Lieferschwierigkeiten. Dazu schreibt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.: „Die Mitarbeitenden der Suchthilfe müssen ihre Arbeit auch im persönlichen Kontakt fortführen können – dazu brauchen sie zwingend ausreichendes Schutzmaterial und -kleidung sowie Desinfektionsmittel, das sie zentral über die öffentliche Verwaltung beziehen können. Für sie muss ein vereinfachter Zugang zur Corona-Testung über die Gesundheitsämter geschaffen werden.“

„Helfer in der Not”

Der Träger Jugendhilfe e.V. dankt speziell der Firma Compware Medical GmbH, die „uns unentgeltlich, innerhalb kürzester Zeit, die erforderliche Hard- und Software für die Abgabe des Methadons zur Verfügung gestellt hat und Vor-Ort-Support am ersten Tag der Vergabe leisten wird.“ Die  zur Verfügung gestellte Technologie misst, kontrolliert und dokumentiert durch eine integrierte Waage automatisch jede Flüssigkeitsentnahme. Jede Dosierung werde gemäß rechtlicher Vorgaben verifiziert. Durch Einsatz eines Fingerprintsystems sei eine effektive und sichere Versorgung der Klient*innen möglich.

Dauer des Angebots: Ende offen …

Wie lange die niedrigschwellige Substitutionsambulanz im Drob Inn laufen wird, ist noch offen. Christine Tügel, Vorstand von Jugendhilfe e.V.: „Gerade angesichts der hohen Gesundheitsgefährdung durch COVID-19-Infektionen für Drogenabhängige werden wir unser Angebot aufrecht erhalten, solange es nötig ist. Wir freuen uns, dass es durch das gute Zusammenspiel von Ärzt*innen, Ärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung und Gesundheitsbehörde sowie durch das Engagement unserer Beschäftigten zu einer schnellen Umsetzung gekommen ist. Ich hoffe sehr, dass andere Bundesländer Hamburg folgen werden.“

(Quelle: Pressemitteilung Jugendhilfe e.V.)