Der Hamburger Bankierssohn Aby Warburg (1866–1929) untersuchte nach seinem Studium der Kunstgeschichte die Wechselwirkungen von Bildern aus verschiedenen Epochen und kulturellen Kontexten mit dem Ziel, mit Hilfe von Bildern das vielfältige Weiterleben der Antike in der europäischen Kultur anschaulich zu machen. Bildlich dargestellt hat er es im „Bilderatlas Mnemosyne”, der aktuell und noch bis 31. Oktober in der Sammlung Falckenberg der Deichtorhallen Hamburg zu sehen ist. Nach der griechischen Mythologie gilt Mnemosyne als Göttin der Erinnerung. Warburg ist einer der berühmtesten Forscher mit eigener Psychoseerfahrung, der auch nach seiner Erkrankung bedeutsame Werke schuf und nach eigener Auffassung durch seine Arbeit wieder gesund geworden ist. Einen ausführlichen Bericht über seinen Lebens-, Leidens- und Genesungsweg lesen Sie hier.
Der „Bilderatlas Mnemosyne” zählt bis heute zu den weltweit bedeutendsten kunsthistorischen Forschungsprojekten. Die von Axel Heil und Roberto Ohrt gemeinsam mit dem Warburg Institute London kuratierte und vom Haus der Kulturen der Welt in Berlin produzierte Ausstellung, stellt die letzte dokumentierte Version des Atlas von Herbst 1929 nahezu vollständig mit den Originalabbildungen wieder her: Der größte Teil der originalen, teils mehrfarbigen 971 Abbildungen in der 400.000 Objekte zählenden »Photographic Collection« des Warburg Institute wird zum ersten Mal nach Warburgs Tod auf 63 Tafeln seines unvollendeten Hauptwerks präsentiert.
Letzte Version bestand aus 63 schwarzen Tafeln
Der Atlas bestand in seiner letzten Version aus 63 großen schwarzen Tafeln, auf denen Warburg fotografische Reproduktionen von Kunstwerken aus dem Nahen Osten, der europäischen Antike und der Renaissance neben zeitgenössischen Zeitungsausschnitten und Werbeanzeigen anordnete.
Warburgs Methode setzte neue Maßstäbe, so die Deichtorhallen: „Die neue Form der Anordnung kanonisierter Bilder überschritt die Fachgrenzen zwischen Kunstgeschichte, Philosophie und Anthropologie und war grundlegend für die heutigen Disziplinen der Bild-und Medienwissenschaften.“
Warburgs Spektrum war breit: Auch die nordamerikanischen Hopi-Indianer rückten in den Fokus seines Interesses. im Mittelpunkt stand deren Schlangenritual. Aus Warburgs eigener Sicht haben seine wissenschaftliche Arbeit um das Ritual und ein Vortrag darüber entscheidenden Einfluss auf seine eigene Heilung gehabt. (rd/hin)