Reisen mit Demenz –
und trotz Corona

Auch eine Schifffahrt gehörte zur Reise dazu. Foto: Sabrina Czechorowski, Kompetenzzentrum Demenz in Schleswig-Holstein

In Corona-Zeiten verreisen – als zur Risikogruppe zählender alter Mensch mit Demenz? Geht doch, erfuhr eine Reisegruppe, die von der Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e.V. organisiert wurde. Der Verein bietet seit fast 20 Jahren betreute Urlaube für Menschen mit Demenz und deren Angehörige an.  In diesem Jahr mussten die Organisatoren der voll ausgebuchten Urlaubsreise nach Plau am See um das Projekt bangen und viele Hürden überwinden, bis die Gruppe dann doch starten konnte.  Dagmar Wüstenberg, Urlaubskoordinatorin, berichtet, was es alles zu beachten galt und wie die Reise verlief.

„Wir mussten Gruppen bilden, alle einen Mundnasenschutz tragen und vieles mehr. Bis zuletzt konnte ich nicht sicher sein, ob das Museum wirklich geöffnet hat, die Eisdiele uns mit Mindestabstand unterbringen kann und ob es allen Gästen gelingt, die Hygieneschutzregeln z.B. bei den Mahlzeiten einzuhalten.“   Zwischenzeitlich fragten sich die Mitarbeitenden der Alzheimer Gesellschaft, ob bei all den strengen Regeln überhaupt ein Urlaubsfeeling aufkommen kann. Der enge Kontakt zu den Angehörigen während der Urlaubsvorbereitungen bestärkte die Alzheimer Gesellschaft jedoch, weiter zu planen. Kein einziger Teilnehmer hatte Bedenken, die Reise anzutreten, im Gegenteil:  die Urlauber konnten die Reise nach dem wochenlangen Lockdown kaum erwarten.

„Uns war von Anfang an klar, dass wir den Urlaub antreten werden. Wir dachten uns: lieber ein schönes Leben mit Erlebnissen, anstatt auf bessere Zeiten zu warten. Den Urlaub hatten wir auch dringend nötig”, so eine pflegende Angehörige.  Insgesamt nahmen sieben Paare teil.  Die Menschen mit Demenz freuten sich nach Wochen des Rückzugs und der Isolation besonders über die lang ersehnte Stunden in Gesellschaft. „Ich bin immer gerne verreist. Außerdem gehe ich jede Woche zum Tanzcafé. Doch in letzter Zeit waren wir nur in unserer Wohnung, es war furchtbar langweilig. Auch die Bewegung hat mir sehr gefehlt, endlich ist mal wieder etwas los“, so einer der Teilnehmer mit Demenz.

Begleitet durch eine Ergotherapeutin und zwei Ehrenamtliche genoss die Gruppe Spaziergänge am See, Ausflüge in den historischen Stadtkern von Plau und zu einem Imker, Kegeln, Eis essen am Hafen und Schifffahren, aber auch kreative Stunden mit Seidenmalerei. „Es war schön zu sehen, wie rücksichtsvoll alle miteinander umgingen. Die Reisenden gaben sich liebevoll gegenseitig Tipps, erinnerten sich gemeinsam an die Notwendigkeit, die Maske aufzusetzen und blickten am Ende der Woche auf viele schöne Tage zurück. Als ich in glückliche und entspannte Gesichter blickte wusste ich: der Aufwand hat sich gelohnt! Ich freue mich schon auf die nächste Reise nach Grömitz im September und wünsche mir sehr, dass bis dahin weitere Lockerungen möglich sind. Falls nicht, bekommen wir sicherlich trotzdem eine weitere schöne Reise hin“, so Dagmar Wüstenberg. (rd)

Wer  an einer Reise für Menschen mit Demenz und pflegende Angehörige interessiert ist, kann sich an die Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein wenden. 2020 sind bereits alle Plätze ausgebucht, aber die Planungen für 2021 laufen! (Kontakt unter info@alzheimer-sh.de oder 040 / 308 579 87)