Rettungssanitäter können sich eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) nach traumatischen Erlebnissen bei Rettungseinsätzen als „Wie-Berufskrankheit“ anerkennen lassen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Donnerstag urteilte, ist nach den medizinischen Erkenntnissen mittlerweile gesichert, dass erlittene Traumata zu der psychischen Störung einer PTBS führen können. Für die Anerkennung als Wie-Berufskrankheit müsse allerdings klar sein, dass die PTBS tatsächlich auf berufliche Einwirkungen und nicht etwa auf private Erlebnisse beruht. (AZ: B 2 U 11/20)
Der Kläger, ein früherer Rettungssanitäter beim Deutschen Roten Kreuz im Landkreis Esslingen, war 2016 wegen extremen Erlebnissen bei Rettungseinsätzen zusammengebrochen. In einer Reha wurde bei ihm eine PTBS diagnostiziert. Diese wollte er von der Unfallversicherung Bund und Bahn als Berufskrankheit anerkannt bekommen.
Er verwies auf belastende Rettungseinsätze wie den Amoklauf 2009 in Winnenden, bei dem 16 Menschen starben. Er leidet nach eigenen Angaben regelmäßig an Alpträumen und Zittern. Mittlerweile bezieht der Kläger eine volle Erwerbsminderungsrente.
Studie: 20-fach erhöhtes Risiko, an einer PTBS zu erkranken
Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit“ ab. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, die noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen ist, aber die Voraussetzung hierfür bereits erfüllt. Hier gebe es aber keine Erkenntnisse, dass die wiederholte Konfrontation von Rettungssanitätern mit solchen Ereignissen eine PTBS verursachen, erklärte die Unfallkasse.
Das BSG hatte daraufhin erstmals selbst eine Studie hierzu veranlasst. Die Studie ergab, dass Rettungssanitäter ein etwa 20-fach höheres Risiko haben, an einer PTBS zu erkranken, als die Allgemeinbevölkerung.
Das BSG befand in seinem Urteil, dass mit der ausgeübten Tätigkeit des Klägers und den dabei erlittenen psychischen Belastungen durchaus eine PTBS begründet werden kann. Dennoch verwies das Gericht das Verfahren an das Landessozialgericht Stuttgart zurück. Dort müsse geklärt werden, ob der Kläger nicht auch private traumatische Erlebnisse gehabt habe, die seine psychische Erkrankung verursacht haben. Dafür müsste der Unfallversicherungsträger nicht einstehen.
epd