Weniger psychosoziale
Hilfen für Geflüchtete

 Das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen hat die geplante Kürzung der Bundesmittel für die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten um fast 60 Prozent scharf kritisiert. Angesichts der zunehmenden Zahl von Menschen, die aus Krisengebieten nach Deutschland kämen, und der steigenden Kosten „brauchen wir mehr Geld und nicht weniger“, sagte Projektreferent Armin Wühle von der Geschäftsstelle des Netzwerks dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar mache die Unterstützung durch den Bund für die sieben psychosozialen Zentren in Niedersachsen nur etwa fünf Prozent der Finanzierung aus. Aber dieses Geld sei in der Vergangenheit im Wesentlichen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen verwendet worden, erläuterte Wühle.

Vor allem Heranwachsende aus der Ukraine betroffen

Vor allem Heranwachsende aus der Ukraine, die vielfach durch den russischen Angriffskrieg traumatisiert seien, hätten davon profitiert. „Wenn dieses Geld deutlich gekürzt wird, müssten wir die Stunden mehrerer Therapeuten und die Stelle einer koordinierenden Mitarbeiterin streichen.“ In anderen Bundesländern macht die Bundesförderung Wühle zufolge einen größeren Anteil aus. „Für sie wären die Folgen noch gravierender.“

Das Netzwerk erhält nach den Worten des Experten immer wieder Rückmeldungen von Lehrkräften und Mitarbeitenden der Jugendhilfe, die mit traumatisierten ukrainischen Kindern völlig überfordert seien. „Wenn wir die psychosoziale Versorgungsstruktur nicht verbessern, werden immer mehr von ihnen durch das Schulsystem rasseln und sich später nicht in den Arbeitsmarkt integrieren können.“ Auch die Eltern und die gesamte Gesellschaft würden dadurch in Mitleidenschaft gezogen.

Dachverband: Nur 4 Prozent der potentiell Behandlungbedürftigen werden versorgt

Aber auch die Versorgung der übrigen Geflüchteten werde immer schwieriger, klagte der Experte. Vielfach brächen Traumatisierungen erst nach Jahren auf. Zusätzlich steige die Zahl der Geflüchteten und der akuten Fälle, die dringend behandlungsbedürftig seien. Wühle betonte, er hoffe, dass die Förderung durch das Land Niedersachsen erhöht werde oder zumindest gleich bleibe.

Auch die bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer beklagte als Dachverband vorgesehene Kürzung. Die Bundesmittel würden demnach auf insgesamt nur noch sieben Millionen Euro für bundesweit 47 psychosoziale Zentren im kommenden Jahr schrumpfen. Das Vorhabe treffe auf eine Situation, in der schon jetzt nur 4,1 Prozent der potenziell behandlungsbedürftigen Geflüchteten versorgt würden.

epd