Eigentlich seien sie schon vorbildlich, die „Psychfächer“, hieß es – jedenfalls im Vergleich zur Somatik. So wegen der Möglichkeit sowohl in der Klinik als auch tagesklinisch, ambulant oder auch zu Hause zu behandeln und wegen der regionalen Pflichtversorgung. Als nächsten Schritt schlägt die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenversorgung“ jetzt u.a. vor, die Trennung der Bereiche innerhalb einer Krankenhausabteilung zu überwinden.
Die Kommission wurde im Mai 2022 eingerichtet, um notwendige Reformen im Krankenhausbereich anzugehen. Übergeordnete Ziele: Entökonomisierung, bessere Qualität und Entbürokratisierung. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach zu Beginn der Pressekonferenz, in der die Kommission ihre Vorschläge für eine Reform von Kinder und Jugendmedizin sowie von Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychosomatik vorstellte, von „sehr guten Vorschlägen“, von denen einiges umgesetzt werde.
Personal-Richtlinie in der Kritik, Sanktionen werden ausgesetzt
Mit 56.000 Betten stellt allein die Erwachsenenpsychiatrie nach Chirurgie und Innerer Medizin bettenmäßig das drittgrößte Fach dar mit der Besonderheit, dass es hier keine Fallpauschalen gibt. 2018 wurde ein auf Tagesvergütungssätzen basierendes (PEPP-)-System eingeführt, in das bereits Vorhaltekosten einberechnet seien. Diese Vergütungsform solle erstmal beibehalten und deren Auswirkungen untersucht werden, befanden die Kommissionsmitglieder. Die weiteren Schritte der umstrittenen PPP-Personalrichtlinie indes sollen – v.a. mit Blick auf den Personalmangel – ausgesetzt werden. Das habe er mit dem G-BA-Vorsitzenden Prof. Josef Hecken vereinbart, erklärte auf der Reform-PK Lauterbach. Sollte Hecken nicht gelingen, dies durchzusetzen, würde der Gesetzgeber aktiv und die zu 2024 bei Unterschreiten der Personal-Untergrenzen drohenden Sanktionen verhindern. Auch die Regierungskommission hatte sich kritisch über die als zu bürokratisch und rückwärtsgewandt kritisierte Richtlinie bzw. die Sanktionen geäußert. Deren Höhe stelle auch eine Ungleichbehandlung gegenüber der somatischen Medizin dar.
Stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie soll ambulante Lücken füllen
Die weiteren Vorschläge: Psych-Fächer sollen an allen Versorgungs-Krankenhäusern verfügbar sein. Bei den Fachkrankenhäusern sollte geprüft werden, inwieweit sie langfristig ebenfalls in Allgemeinkrankenhäuser integriert werden könnten. Ein Ausbau wird für die Kinder- und Jugendpsychiatrie in teils dramatisch unterversorgten Regionen empfohlen. Dort könnten diese dann auch die ambulante Versorgung sicherstellen, wenn es an niedergelassenen Ärzten mangelt. Von diagnosespezifischen Leistungsgruppen – wie für die Somatik vorgeschlagen – rät die Kommission ab: Ein Pflichtversorger müsse Hilfen für alle Diagnosen anbieten. Anders in der Psychosomatik, wo Kliniken oft spezialisiert seien – etwa auf Essstörungen. Einen Sonderfall stelle die Psychosomatik auch hinsichtlich der Institutsambulanzen dar, die es erst in fünf Bundesländern „in relevantem Umfang“ gibt. Ziel müssten psychosomatische Institutsambulanzen in allen Bundesländern sein. Auch die Vergütung unterscheidet sich von Land zu Land. Die Kommission schlägt vor, bundesweit das aus ihrer Sicht vorbildliche und bürokratiearme Bayerische Modell einzuführen.
Kontrahierungszwang für Pauschalmodelle
Einen Schwerpunkt der Reform bildet die Flexibilisierung. Zum einen sollen abrechnungstechnische Hürden überwunden werden, damit es leicht wird, Patienten je nach Bedarf entweder stationär oder teilstationär zu behandeln. Schließlich sollen die mit Pauschalfinanzierung (Regionalbudgets) arbeitenden sogenannten Modellvorhaben (§64 b) „normalisiert“ werden, in dem für Kassen unter bestimmten Umständen eine Pflicht zum Vertragsschluss (Kontrahierungszwang) eingeführt werden soll. Für die Budgetfindung soll ein Rahmenkonzept erarbeitet werden -„sonst endet es in jahrelangen regionalen Einzelverhandlungen“, so Bschor. Dabei sollen auch die Kassenärztlichen Vereinigungen, sprich, die Kassenärzte einbezogen werden. Das uneinheitliche Verhältnisse zu den KV-Ärzten wird als Grund genannten, warum die Kommission diese Modelle noch nicht für geeignet hält, bundesweit in die Regelversorgung übergeleitet zu werden. (hin)