Mit Tandems zu
mehr Inklusion

Auch die Bremer „Tanzbar“ beteiligt sich an dem Projekt, eine freie Gruppe, die künstlerisch schon länger inklusiv arbeitet. Foto: M. Knapp/Tanzbar Bremen

Künstlerinnen und Künstler mit Behinderungen auf einer Theaterbühne, das ist noch immer eine Seltenheit. Ein bundesweites Programm will das ändern und unterstützt inklusive Projekte. Davon könnte die Theaterarbeit insgesamt profitieren.

Mit einem „Programm für inklusive Kunstpraxis“ (pik) fördert die Kulturstiftung des Bundes die gemeinsame Bühnenarbeit von Künstlerinnen und Künstlern mit und ohne Behinderungen. Seit 2022 und bis 2025 seien dafür bundesweit 3,9 Millionen Euro vorgesehen, sagte die Sprecherin des Theaters Bremen, Diana König. Das Stadttheater beteiligt sich zusammen mit der Bremer „tanzbar“ an dem Projekt, einer freien Gruppe, die künstlerisch schon länger inklusiv arbeitet.
Insgesamt werden sieben derartige Tandems gefördert, neben Bremen in Berlin, Leipzig, Hamburg, Dortmund und München. Das Programm zielt auf die Verbesserung der Arbeitssituation von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung. „Kulturinstitutionen sollen darin bestärkt und weiter befähigt werden, inklusiv zu arbeiten und künstlerisches Personal mit Behinderungen einzustellen“, erklärte König.

Samuel Koch gehört zum Ensemble des Nationaltheaters Mannheim


Das ist noch immer selten. Ein prominentes Beispiel ist Samuel Koch, der nach einem schweren Unfall in der Fernseh-Sendung „Wetten dass…?“ auf den Rollstuhl angewiesen ist. Er war bereits fest am Staatstheater Darmstadt engagiert und gehört jetzt zum Ensemble des Nationaltheaters in Mannheim.
Gregor Runge vom Theater Bremen sagte, um die Bühnenpräsenz von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderungen zu erhöhen, seien Tandems von Staats- oder Stadttheatern einerseits und freien Häusern oder Gruppen andererseits gebildet worden. Die freien Initiativen seien bei der Inklusion oft schon viel weiter. In einer von Diversität geprägten Gesellschaft ermutige inklusive Kultur dazu, sich an den Fähigkeiten und Bedürfnissen unterschiedlicher Menschen zu orientieren. Sie rege einen Prozess an, der letztlich allen zugutekomme.


Diversität auf der Bühne bewirkt dabei Runge zufolge auch mehr Diversität im Publikum und habe außerdem Einfluss auf die Theaterarbeit insgesamt. „Aus der inklusiven Arbeit entstehen extrem innovative Produktionen mit großem künstlerischen Potenzial.“ Allerdings, räumte Runge ein, brauche es für eine nachhaltige Entwicklung einen langen Atem. Überdies könnten die Theater die Stärkung inklusiver Arbeit nach der Förderung durch den Bund nicht aus ihren Etats bezahlen. Dann seien Städte und Kommunen gefordert.

Diversität auf der Bühne bewirkt auch mehr Diversität im Publikum


Mit Blick auf das inklusive Theater sei auch in der täglichen Arbeit mehr Geduld und Zeit gefragt, ergänzte Oskar Spatz, der als Künstler mit einem Down-Syndrom seit April 2018 im Ensemble der Tanzcompany „tanzbar“ fest engagiert ist. Er steht in zahlreichen Inszenierungen auf der Bühne, mit denen er aktuell national und international tourt. Außerdem unterrichtet er im Tandem mit einer Künstlerin ohne Behinderungen in Workshops, Projekten und Kursen mit dem Schwerpunkt Tanztheater und Clownerie. „Tanz ist mein Leben“, betonte Spatz.


Das Programm, von dem Bremen mit 400.000 Euro profitiert, fußt auf drei Säulen, die sich jeweils an unterschiedliche Gruppen und Sparten einer inklusiven Kulturszene in Deutschland richten. Dazu gehören ein Netzwerk für darstellende Künste, ein Beratungsangebot für Kultur und Inklusion durch ein bundesweit agierendes Team sowie ein Mentoring-Programm für Künstlerinnen und Künstler mit einer Behinderung. Mit dem Mentoring werden derzeit bundesweit zwölf Personen unterstützt, unter ihnen die Bremerin Neele Buchholz. Dieter Sell/epd

www.kulturstiftung-des-bundes.de/pik Tandems, die am Programm beteiligt sind: “tanzbar_bremen” und Theater Bremen, Theater Thikwa und GRIPS Theater, RambaZamba Theater und Deutsches Theater, Schauspiel Leipzig und lokale Expertinnen für Deutsche Gebärdensprache, Dan Daw Creative Projects und Kampnagel, i can be your translator und Schauspiel Dortmund, Freie Bühne München und Kammerspiele München.