Lecanemab: Warnung vor gravierenden Nebenwirkungen

BERLIN. Schon bald könnte in Europa ein neues Medikament gegen Alzheimer auf den Markt kommen: das Präparat Leqembi der Pharmakonzerne Biogen und Eisai. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA entscheidet in den nächsten Monaten über die Zulassung des Wirkstoffes Lecanemab, schrieb die Alzheimer Forschung Initiative e.V. im September 2023, ein positives Votum gelte als wahrscheinlich. In den USA ist das Mittel seit Januar 2023 auf dem Markt. Es enthält einen biotechnologisch hergestellten Antikörper namens Lecanemab. Dieser richtet sich gegen Amyloid-Plaques und muss alle zwei Wochen per Infusion verabreicht werden.


Medien feiern Leqembi bereits als „Durchbruch“. Unabhängige Experten sehen das hingegen deutlich anders. „Lecanemab ist kein Heilmittel für die Alzheimer-Krankheit“, warnt die renommierte US-Verbraucherschutzorganisation Public Citizen. „Das Medikament kann die kognitiven Funktionen nicht wiederherstellen oder die verloren gegangenen Erinnerungen zurückbringen.“

Stattdessen bringe eine Behandlung mit Leqembi gravierende Risiken und Nebenwirkungen mit sich. In der Zulassungsstudie traten bei einem von fünf Patienten lebensgefährliche Hirnschwellungen und -blutungen auf. Bei drei Probanden, die während der 18-monatigen Testphase starben, wurde der Tod mit Lecanemab in Verbindung gebracht.


Public Citizen hat Leqembi deshalb als „Do Not Use“-Medikament eingestuft. Mit dem Label rät die Organisation von jeglicher Verwendung unnötig riskanter oder nutzloser Arzneimittel ab. Im Juli wurden Biogen und Eisai zudem von der US-Arzneimittelbehörde FDA verpflichtet, eine Black-Box-Warnung in den Beipackzettel des Medikaments aufzunehmen. Dabei handelt es sich um die stärkste mögliche Form eines Warnhinweises, der von ihr verhängt werden kann.
Neu an Leqembi ist: Es soll nicht Demenzkranken verabreicht werden, sondern Menschen, die im Alltag noch gut allein oder mit geringen Einschränkungen zurechtkommen. Genau das aber, neurologisch noch fast Gesunde einer solchen Gefahr auszusetzen, sei unverantwortlich, urteilt Bernd Mühlbauer, stellvertretender Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Zumal es bei Leqembi keinen klaren Nachweis für einen medizinischen Nutzen gegeben habe. Cornelia Stolze

Originalveröffentlichung in der Printausgabe 2/24