Fünf Porträts in Schwarzweiß, überlebensgroß. Sanft bewegen sie sich auf dem Gelände des ehemaligen Versorgungsheims Farmsen im Wind, als Teil einer Ausstellung.
Die Fotos zeigen Erna Nakoinzer, Willy Griem, Elsa Steinhoff, Willy Böhme und Frieda Alt. Sie waren einst im Versorgungsheim eingesperrt, wurden entmündigt, mussten Zwangsarbeit verrichten – während der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch bis weit nach dem Krieg. Sie sind Opfer einer Zeit, in der unangepasst lebende Menschen als „asozial“ diffamiert und entrechtet wurden. „Sie sind Opfer einer staatlichen Wohlfahrt, die Zwang statt Menschlichkeit walten ließ“, so Susanne Schwendtke, Sprecherin von Fördern & Wohnen.
Geplant ist ein dauerhafter Gedenkort
Die Anstalt öffentlichen Rechts sieht sich als Rechtsnachfolger des Versorgungsheims. Gemeinsam mit Pflegen & Wohnen Hamburg, dem Träger des Seniorenheims vor Ort, und der Sozialbehörde will man einen dauerhaften Gedenkort in Farmsen schaffen. Bis es soweit ist, sollte die „temporäre Intervention“ ein Zeichen setzen.
Wer heute auf das Gelände des ehemaligen Versorgungsheims kommt, kann sich kaum vorstellen, dass hier einmal Zäune, Stacheldraht und Wachposten herrschten. Hier wurden Menschen, die es schwer hatten und die Fürsorge benötigt hätten, von der Gesellschaft weggesperrt. Menschen wie Willy Grimm (1915-1976).
1939 als angeblich „geistesschwach” entmündigt
Nach Jugendheim und Arbeitsdienst kam er 1937 zum Militär. 1938 wurde er wegen einer „Charakterveränderung“ in das Heil- und Pflegeheim in Hamburg-Langenhorn überwiesen. Ärzte führten die Persönlichkeitsveränderung auf eine „Kopfgrippe“ im Kindesalter zurück. 1939 als angeblich „geistesschwach“ entmündigt, kam er erst ins Gefängnis, dann in die „Bewahranstalt Farmsen“, wo er mal die Arbeit verweigerte und in eine Isolierzelle gesperrt wurde, mal aus Hunger Kartoffeln klaute und mehrfach floh. Nach dem Krieg lebte er noch bis 1959 in dem Farmsener Heim und starb 1976 mit 61 Jahren im Krankenhaus Eilbek. Dorthin war er wegen Rheuma und eines Magengeschwürs eingewiesen worden war. (Quelle: www.gedenkstaetten- in-hamburg.de) (rd)
Bis Ende Oktober werden die Bilder an der August-Krogmann-Straße 100 zu sehen sein. Ein QR-Code auf jedem Bild führt zu einer Kurzbiografie im
Portal gedenkstaetten-in-hamburg.de. Kuratorin ist die Hamburger Historikerin Frauke Steinhäuser.