In 7 Schritten durch
die zweite Welle

Wir sind der zweiten Corona-Welle nicht hilflos ausgeliefert - es gibt Möglichkeiten, die psychische Resilienz zu trainieren. Symbolfoto: pixabay

Die zweite Welle ist da – und ein Ende der Pandemie noch lange nicht in Sicht. Die erneuten Einschränkungen zur Eindämmung des Corona-Virus bedeuten eine besonders massive Belastung für die seelische Gesundheit. Denn sie funktionieren wie ein Katalysator für saisonal abhängige Depressionen, im Volksmund häufig auch als Winterblues bezeichnet, warnt Prof. Dr. Matthias Lemke, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer der Heinrich Sengelmann Kliniken im schleswig-holsteinischen Bargfeld-Stegen.  Es sei zu beobachten, dass das „Corona-Entfremdungssyndrom“ die Menschen im Zeitverlauf zunehmend belastet: Insbesondere ältere, aber auch junge Menschen leiden unter Vereinsamung aufgrund der Kontaktbeschränkungen. Die Tatsache, dass das Ende der Corona-Krise bislang nicht abzusehen ist, könne ein Gefühl von Ohnmacht und Perspektivlosigkeit auslösen.  Er rät, in diesen Zeiten nicht nur durch Sport den Körper zu fordern, sondern auch die  Seele zu trainieren, um möglichst resilient, also widerstandsfähig zu sein. Prof. Lemke und das Team der Heinrich Sengelmann Kliniken haben dafür einen 7-Punkte-Ratgeber zusammengestellt.

  1. Tagesstruktur: Achten Sie auf einen geregelten Tagesablauf, der Ihnen Klarheit und Selbstbestimmtheit vermittelt. Behalten Sie nach Möglichkeit Ihren gewohnten Arbeits- und Schlafrhythmus bei und planen Sie Ihre Tagesstruktur im Voraus. Ergänzen Sie Ihre Routinen um Aktivitäten und Gewohnheiten, die Ihnen guttun und zum körperlichen und seelischen Wohlbefinden beitragen können (z.B. gesundeErnährung, ausreichend Schlaf, Dinge, die Ihnen Spaß machen). Die aktive Gestaltung beugt dem Gefühl von Hilflosigkeit vor und gibt Ihnen eine gewisse Kontrolle über die aktuelle Ausnahmesituation.
  2. Bewegung & Sport: Sport hat nachweislich einen erheblichen positiven Effekt auf unser seelisches Wohlbefinden; bereits bei leichter sportlicher Betätigung werden die Glückshormone Serotonin und Dopamin ausgeschüttet. Integrieren Sie Bewegungseinheiten fest in Ihren Tagesablauf – entweder mit einem ausgedehnten Spaziergang oder einer Sporteinheit zuhause. Im Internet finden Sie zahlreiche, z.T. kostenlose, virtuelle Trainingspläne.
  3. Bewusster Medienkonsum: Kontrollieren Sie bewusst Ihre Nutzung von sozialen Medien, Gaming-Angeboten und Streamingdiensten und setzen Sie sich klare Grenzen. Um sich über die aktuellen Entwicklungen informiert zu halten, nutzen Sie nur vertrauenswürdige Informationsquellen wie etwa Hinweise des Bundesgesundheitsministeriums, des Robert Koch-Instituts oder der Weltgesundheitsorganisation. Vermeiden Sie exzessiven Medienkonsum. Konzentrieren Sie sich stattdessen vermehrt auf Aktivitäten, die Ihnen fernab digitaler Medien Freude bereiten. Lesen Sie zum Beispiel ein Buch, hören Sie Ihre Lieblingsmusik oder widmen Sie sich einem neuen Projekt.
  4. Sozialer Austausch: Als soziales Wesen ist der Mensch auf den Kontakt mit anderen Menschen angewiesen; eine andauernde soziale Isolation stellt eine große psychische Belastung dar. Halten Sie daher gerade in dieser Zeit aktiv Kontakt mit Freunden und Familie, z.B. mittels Videotelefonie oder per Telefon.
    Sprechen Sie dabei auch Ihre aktuellen Gefühle und Ihren Gemütszustand an; ein offener Austausch kann dabei helfen, negative Gedanken abzuwenden und die positiven Dinge wieder stärker wahrzunehmen.
  5. Neue Projekte: Mitunter kann eine Krise auch dazu beitragen, einen Wandel einzuleiten, Veränderungen anzustoßen und das eigene Leben stärker an den persönlichen Bedürfnissen und Interessen auszurichten.
    Widmen Sie sich neuen Projekten, für die Ihnen bislang die Zeit gefehlt hat oder investieren Sie mehr Zeit in Ihre liebsten Freizeitbeschäftigungen. Auch das Erledigen von aufgeschobenen Aufgaben löst das positive Gefühle aus, etwas geschafft zu haben.
  6. Entspannungsübungen: In anhaltenden Stresssituationen helfen Achtsamkeits- und Entspannungsübungen dabei, sich zu fokussieren, zur Ruhe zu kommen und vielleicht sogar eine hilfreiche Distanz zu aktuell nicht veränderbaren Umständen zu gewinnen. Oftmals reicht eine kurze Auszeit mit Meditation oder Yoga, um aufgestaute Anspannungen abzubauen. Verschiedene Atemtechniken können zudem den Puls senken und meditativ wirken.
  7. Gefühlswahrnehmung: Sorgen, Stress, Frust, Überforderung – in der derzeitigen Situation sind diese Gefühle keine Seltenheit. Doch wie geht man damit am besten um? Nehmen Sie zum einen Ihre negativen Gefühle bewusst wahr und akzeptieren diese als Reaktion auf die besonderen Umstände. Versuchen Sie jedoch auch, vermehrtem Grübeln gezielt entgegenzuwirken, indem Sie sich stattdessen auf Gedanken konzentrieren, die positive Gefühle auslösen. Verinnerlichen Sie den Fakt, dass die Situation zwar beängstigend ist, es sich jedoch nur um eine Phase handelt. Sich mit Freunden und Angehörigen über die aktuelle Gefühlslage auszutauschen, kann ebenfalls entlastend wirken und eine negative Gedankenspirale abwenden.