Hommage an eine Kämpferin

Bei der Welturaufführung des Films „Himmel und mehr" im Jahr 2009: Dorothea Buck und Regisseurin Alexandra Pohlmeier. Foto: Hinrichs

Aus dem Jahr 2009 ..:

Großer Bahnhof für eine alte Dame: Im Rahmen der 6. Hamburger Dokumentarfilmwoche* wurde im Hamburger Metropolis-Kino vor zahlreichem Publikum der Film „Himmel und mehr“ über das Leben und vor allem die Psychosebewältigung der mittlerweile 91-jährigen Dorothea Buck uraufgeführt. 

Regisseurin Alexandra Pohlmeier, selbst Tochter eines Psychiaters, hatte nach dem Lesen von Bucks Buch „Auf der Spur des Morgensterns“ Kontakt zu der Hamburgerin aufgenommen. Zunächst drehte sie ein Video über das zehnjährige Jubiläum des Bundesverbands der Psychiatrie-Erfahrenen, so wuchs Vertrauen, aus dem mittlerweile eine „dicke Freundschaft“ geworden ist. 

Zwischen 2001 und 2008 hat Pohlmeier Dorothea Buck dann regelmäßig in ihrer Hamburger Atelierwohnung besucht. Szenen von dort werden ergänzt durch in das Thema einleitende Worte von Prof. Thomas Bock, Hamburg, und Prof. Andreas Heinz, Berlin. Hinzu kommen kurze, dazwischen geschnittene Aufnahmen von Meer und Watt und Einblicke in das bildhauerische Schaffen der Ehrenvorsitzenden der Psychiatrie-Erfahrenen. 

Im Mittelpunkt stehen Bucks Erinnerungen an ihre fünf Psychiatrieaufenthalte

Im Mittelpunkt stehen indes frontale Aufnahmen Bucks mit Schilderungen ihrer Eindrücke aus den Psychiatrien, in denen sie während ihrer fünf schizophrenen Episoden mehr verwahrt als behandelt wurde. Eindrücklich daneben auch die Außenperspektive der Schwester Anne Fischer, die die Regisseurin ebenfalls interviewte. Dadurch erhielt auch Buck selbst noch neue Erkenntnisse über ihre frühen Psychiatrieaufenthalte: „Ich habe immer gedacht, warum sprechen meine Eltern nicht mit mir. Dabei haben ihnen die Psychiater davon abgeraten“, erfuhr sie. 

Das Reden und das Verstehen sowie das Wissen, dass es um das eigene Unbewusste und nicht um von außen kommende Eingebungen gehe, sei das „Allerwichtigste“ für Patienten, unterstrich Dagmar Barteld Paczkowski vom Verband der Psychiatrie-Erfahrenen bei der Diskussion im Anschluss an die Filmvorführung. Die Kinder- und Jugendpsychiaterin Charlotte Köttgen hob die im Film zum Ausdruck kommende „Sprachlosigkeit der Eltern“ hervor und appellierte, mit den Eltern zu arbeiten, damit diese verstehen. 

Dorothea Buck hat ihre Psychosen verstanden, sagt sie, das habe ihr zur Heilung verholfen, so ihre Message. Dass sie vor laufender Kamera heute so regelrecht fröhlich und über sich selbst lachend über ihre tragischen Erlebnisse reden könne, erklärte die Regisseurin mit einer durch eine langjährige Auseinandersetzung entstandenen „ungeheure Distanz.“ 

Die unter den Nazis zwangssterilisierte Protagonistin, der die Schizophrenie den eigenen Lebenstraum von einer Familie nahm, äußerte sich mit ihrem Schicksal ausgesöhnt. „Mein  Leben ist erfüllter als wenn ich es so gelebt hätte, wie ich es erhofft hatte, weil ich etwas bewirken konnte“, so Dorothea Buck.   Anke Hinrichs

(Originalveröffentlichung in der EPPENDORFER-Printausgabe 5/2009)

s.a. www. himmelundmehr.de

  • * 6. Dokumentarfilmwoche Hamburg – 23. Apr 2009 29. Apr 2009