Kranzniederlegung, Lesung und Symposium: Am 27. Januar wird mit verschiedenen Veranstaltungen wieder der Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen im Nationalsozialismus gedacht. Die Lebenshilfe fordert anlässlich des Gedenktags, von den Nazis ermordete Menschen mit Behinderung endlich als Verfolgte des NS-Regimes anzuerkennen.
„78 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es keinen einzigen historischen Grund, den Opfern von ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation den Verfolgten-Status zu verweigern. Damit werden sie bis zum heutigen Tag zu Opfern zweiter Klasse gemacht“, beklagt Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und ehemalige Bundesgesundheitsministerin.
Symposium thematisiert schleppende Aufarbeitung in Hamburg
Über die schleppende Aufarbeitung im Hamburg der Nachkriegszeit und Wege des Gedenkens diskutieren am 27. ab 13.15 Uhr die Teilnehmer eines Symposiums im Hörsaal des Medizinhistorischen Museums des UKE. Hintergrund: Fast 2.000 Patient:innen der Hamburger Universitätspsychiatrie klassifizierte deren Leiter Prof. Hans Bürger-Prinz ab 1940 als „reine Asylfälle“ und verfügte deren Verlegung. Über 70 Prozent von ihnen wurden daraufhin Opfer der nationalsozialistischen Krankenmorde. UKE-Ärzt:innen beteiligten sich als Richter:innen, Gutachtende und Ausführende an Zwangssterilisierungen. An einer Teilnahme Interessierte werden um Voranmeldung per E-Mail an Birgit Hansen gebeten: b.hansen@uke. Das Programm findet sich: hier
Berliner Gedenken mit Lesung von Helga Schubert
In Berlin wird – begleitet von Musik – um 11.25 Uhr ein Kranz am Gedenk- und Informationsort T4 in der Berliner Tiergartenstraße 4 niedergelegt. Im Anschluss um 12.30 Uhr findet im Foyer der Berliner Philharmonie eine Lesung mit Helga Schubert statt. Die Autorin und Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin wird aus ihrem Buch „Die Welt da drinnen“ lesen. Die Autorin hat Akten der Schweriner Nervenklinik ausgewertet, wo 1941 im Rahmen nationalsozialistischer Euthanasie 179 Patienten als “lebensunwert” ermordet wurden. Zu der öffentlichen und barrierefreien Gedenkveranstaltung lädt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel ein.
Im Zuge der sogenannten Aktion T4 wurden mehr als 70.000 Morde an Patient*innen aus Heil- und Pflegeanstalten verübt. Insgesamt wurden in Einrichtungen des Deutschen Reichs 200.000 Menschen in verdeckten Aktionen ermordet. Sie wurden vergast oder durch Medikamente getötet. An ihnen wurden medizinische Versuche verübt oder sie wurden „Hungerbehandlungen” unterzogen. Alles aus Sicht der Nationalsozialisten „Lebensunwerte” sollte vernichtet werden. Europaweit wird von 300.000 Tötungen ausgegangen. Hinzu kommen 400.000 Opfer von Zwangssterilisierungen.