Hamburg hat mit einem vom Senat beschlossenen Gesetzesentwurf als eines der ersten Bundesländer auf das Fixierungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) vom Juli reagiert: Ab Januar 2019 muss bei Fesselungen auf geschlossenen psychiatrischen Stationen, aber auch im Straf- und Maßregelvollzug und bei der Abschiebehaft ein Richter zustimmen, wenn die Fixierung absehbar länger als eine halbe Stunde andauert. Die Hamburgische Gesellschaft für Soziale Psychiatrie HGSP sowie die Verbände der Psychiatrie-Erfahrenen (LPE) und Angehörige (LApK) hatten zuvor gefordert, diese nötige Anpassung zu einer grundlegenden Reform des Hamburgischen Psychisch-Krankengesetz (HmbPsychKG) zu nutzen, u.a. einen Psychiatrie-Beirat sowie ein Psychiatrie-Referat im Gesetz zu verankern. Als Vorbild wurde das Bremer PsychKG ins Spiel gebracht
Um die nötige Reaktionsschnelligkeit an den Gerichten für Fixierung-Entscheide zu garantieren, „wird der Senat bedarfsgerecht neue Stellen für Richter und Servicekräfte zur Verfügung stellen“, teilte die Senatspressestelle weiter mit. Nach Darstellung der Grünen ist nicht nur ein richterlicher Bereitschaftsdienst, sondern auch eine personelle Verstärkung der Amtsgerichte nötig, um den Rechtsschutz zu gewährleisten.
In Hamburg bereits gesetzlich geregelt ist, dass die Fixierung von einem Arzt beziehungsweise der Anstaltsleitung im Vollzug angeordnet werden und die fixierte Person ständig „und in geeigneter Weise persönlich“ betreut werden muss. Auch die vom BVG formulierten Dokumentationsanforderungen werden in Hamburg erfüllt. Hamburg sei im übrigen das einzige Bundesland, das die Zahl der angewandten Zwangsmaßnahmen in psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern nach dem HmbPsychKG nicht nur systematisch erfasst, sondern auch regelmäßig veröffentlicht. Demnach sei es in 2017 lediglich in 2,7 Prozent der insgesamt rund 24.000 behandelten Fälle zu einer Fixierung gekommen, teilte die Pressestelle weiter mit.
Die HGSP-Forderung nach einer grundlegenden Reform des HmbPsychKG beruht auch auf Unzufriedenheiten mit der Psychiatrieplanung, die aus Sicht vieler unter der Aufteilung der Zuständigkeiten auf zwei Behörden leidet. Als ein Beispiel für Handlungsbedarf gesehen wird: Schon seit längerem sind im Hamburger Krankenhausplan so genannte Soteria-Betten aufgeführt. Auf Nachfrage von Verbandsvertretern, warum dies bis heute nicht umgesetzt wurde, verwies die Gesundheitsbehörde auf die Verantwortung der Kliniken. Die BGV habe mit der Aufnahme in den Krankenhausplan ihren Beitrag zu dem Projekt geleistet …
In welche Richtung sich die Psychiatrie in Hamburg tatsächlich weiterentwickeln soll, dürfte am 5. Dezember klarer werden (der ursprünglich für 29. November geplante Termin wurde verschoben). Dann wird in den Räumen der Schön-Klinik der lange erwartete „Bericht über die psychiatrische Versorgung in Hamburg – Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung“ präsentiert. Dieser war bereits im Frühjahr 2016 auf Initiative der zuständigen Behörden und unter Beteiligung vieler Akteure aus Verwaltung, Kliniken, außerklinischen Anbietern und Verbänden in Angriff genommen worden. Darin geht es auch um ein Modellprojekt zum Umgang mit schwer, chronisch und komplex Erkrankten in Harburg. In diesem Zusammenhang hatte die HGSP wiederholt„ die Einengung auf sogenannte Patienten mit Risikoprofilen“ in Frage gestellt sowie auf mögliche Stigmatisierungen aufmerksam gemacht. Inzwischen liegt ein überarbeiteter und ergänzter Entwurf für eine Kooperationsvereinbarung vor.