Ein Leben zwischen
Bild und Schrift

Armin A. Pangerl kombiniert in seinen Werken Text und Zeichnung.

Der EPPENDORFER veröffentlicht seit vielen Jahren eine Serie mit Porträts über „Outsider-Künstler”*. Autor ist der Wuppertaler Neurochirurg und Privatsammler Turhan Demirel**. Im aktuellen Beitrag geht es es um den „Doppelbegabten” Armin Andreas Pangerl, der Schift- und Bildkunst kombiniert.

Armin A. Pangerl wurde 1965 in Bayreuth geboren und erlebte eine glückliche Kindheit in Lörrach, Lahr und Mannheim. Schon im Kindergarten fertigte er Zeichnungen an, die für große Aufmerksamkeit sorgten. Nach dem Realschulabschluss 1983 in Lahr folgte bis 1985 eine Berufsausbildung zum Betonbauer in Mannheim. Danach ging Pangerl verschiedenen Gelegenheitsjobs nach, arbeitete u.a. als Bauarbeiter, Stanzer und LKW-Fahrer. 

Bereits als Jugendlicher machte er Bekanntschaft mit Alkohol und Drogen. 1988 trat er zum Wehrdienst an. Im selben Jahr erlitt er einen psychotischen Schub mit Klinikaufenthalt im Bundeswehrkrankenhaus. Ein Jahr später erlitt er einen weiteren Schub, der eine stationäre Behandlung erforderlich machte. In der Klinik begann er zu zeichnen und zu malen. Er ging dabei autodidaktisch vor, und nach und nach eignete er sich verschiedene Fertigkeiten und Techniken an. 

Drei weitere psychotische Episoden

1996, 2008 und 2010 folgten drei weitere psychotische Episoden. Von 1989 bis 2000 arbeitete er im Sicherheitsdienst. Parallel zu beruflichen und künstlerischen Arbeiten besuchte er das Abendgymnasium. Nach Abschluss im Jahre 1996 begann er Kunstgeschichte, Geschichte und Mathematik zu studieren. Als man bei ihm 1997 Hodenkrebs feststellte, brach Pangerl das Studium ab und stürzte sich ganz in die Malerei. Nachts schrieb er Tagebücher.

2003 folgten eine Umschulung zum Mediengestalter und anschließend drei Jahre selbstständige Arbeit in diversen Jobs. 2004 gründete er die Künstlergemeinschaft „Das Atelier Lahr“. 2008 erkrankte er erneut an Krebs, diesmal an der Speiseröhre. Der literarisch und bildnerisch doppelbegabte Künstler entschied sich, die abstrakte Malerei hinter sich zu lassen. Er wandte sich nunmehr dem Zeichnen auf Papier sowie den prosaischen Texten zu. 

Pangerl verwendet für seine Zeichnungen bevorzugt Buntstifte und Kugelschreiber. Zu jeder Zeichnung gibt es einen mit Kugelschreibern geschriebenen Text mit Themen, die ihn bewegen: Alltagserlebnisse, biografische oder anekdotenhafte Bemerkungen, persönliche Erinnerungen, Gedanken, Stimmungen, Empfindungen. Seine erzählenden Texte sind sehr persönlich, authentisch, aufrichtig, schnörkellos und direkt. 

In erster Linie versteht er sich als Maler und Zeichner

Mit Buntstiften und Kugelschreibern setzt er zumeist geometrische Figuren in die ausgesparten leeren Partien des Blatts ein. Bestimmte Formen tauchen auf den verschiedenen Blättern in Variationen wiederholt auf. Beim Betrachten der Bilder drängt sich die Frage auf, ob der Künstler Texte zu Zeichnungen hinzufügt oder Zeichnungen zu Texten.

Pangerls zeichnerische Arbeiten sind nicht der einzige Anlass zum Schreiben. Auch wenn er sich in erster Linie als Maler und Zeichner versteht, so besteht kein Zweifel, dass Prosa wesentliches Element seiner schöpferischen Tätigkeit ist. Er verfasst Tagebücher, schreibt Kurzgeschichten und Gedichte. Inzwischen sind einige Publikationen von ihm veröffentlicht worden, darunter Tagebücher und Bilderbücher. 

Ein Konvolut von mehr als 5000 Tagebuch-Seiten übergab er 2015 an das Deutsche Tagebuch Archiv in Emmendingen. 2018 erfolgte die Aufnahme weiterer Werke in die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg. Sein bildnerisches Gesamtwerk umfasst über 1200 Gemälde und Zeichnungen.

Pangerl nahm an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen teil. Seine Arbeiten sind in mehreren öffentlichen und privaten Sammlungen im In- und Ausland vertreten. Er lebt heute mit seiner Frau in Lahr und genießt seinen Ruhestand. Die wiederholten schweren Schicksalsschläge taten seiner schöpferischen Kraft und seinem Gestaltungswillen keinen Abbruch. Tag für Tag sitzt er an seinem Arbeitstisch und geht voller Ernst und Arbeitseifer seiner künstlerischen Tätigkeit nach.                           Turhan Demirel

*„Die Urheber dieser Kunst sind Menschen, die extremen seelischen Belastungen ausgesetzt waren oder ungewöhnliche Erfahrungen in ihrem Leben gemacht haben. Sie sind zum größten Teil von der Gesellschaft ausgeschlossen, ausgegrenzt und an den Rand gedrängt: Psychiatrie-Erfahrene, Menschen mit intellektueller Behinderung, Grenzgänger, gesellschaftlich unangepasste, randständige Menschen in selbst gewählter oder ungewollter Isolation, Sonderlinge, Gefängnisinsassen und Autodidakten mit künstlerischem Potential.” (Turhan Demirel)

**Turhan Demirel hat in seiner Sammlung über 800 Malereien, Zeichnungen, Plastiken und Grafiken von rund 120 Künstlerinnen und Künstlern zusammen getragen. Mehr siehe unter: http://outsider-bildwelten.de