Aus dem Schatten

Im Jahr 1977 tritt die Sozialpädagogin Christa Liniger (Anna Schinz) mit Enthusiasmus ihre erste Stelle im Sozialdienst einer psychiatrischen Klinik an. Sie lernt ihren Chef kennen, den Psychiater Professor Sennhauser (Stefan Kurt). Foto: © Turnus Film

Die Schweizer SRF-Spielfilmproduktion „Aus dem Schatten“ erinnert an den Aufbruch in der Psychiatrie vor vierzig Jahren in der Schweiz, in dessen Folge die Stiftung Pro Mente Sana gegründet wurde. Arte zeigt den Film am September, 20.15 Uhr, und stellt ihn bis 10. November in der Mediathek zur Verfügung.


Es ist das Jahr 1977. Die Schweizer Psychiatrie ist durch Wachsäle, Isolierung psychisch Kranker außerhalb der Gesellschaft und ein rigides paternalistisches ärztliches System geprägt, die Behandlung von Ruhigstellung und Zwang. Die Sozialpädagogin Christa Liniger fährt – wie es sich gehört rauchend am Steuer ihres VW Käfers – voller Enthusiasmus zu einer ländlich gelegenen psychiatrischen Klinik. Sie tritt dort ihre erste Stelle im Sozialdienst an. Ihr Freund Marc Bundi arbeitet dort bereits seit einem halben Jahr als Assistenzarzt. Beide wollen ihre modernen, humanistischen Ideen zum Umgang mit psychisch Kranken in das Gemäuer tragen, das vom Klinikleiter Professor Sennhauser noch im alten Geist geführt wird. Schnell wird klar, dass dieses Unterfangen nicht einfach wird. Sennhauser, ein charismatischer Patriarch, ist es gewohnt, unangefochten zu herrschen.

Christa will Patienten in die Gesellschaft reintegrieren


Aber Christa gibt nicht so einfach auf. Sie möchte Patienten und Patientinnen außerhalb der Klinikmauern unterbringen und behandeln. Sie sollen in Wohngemeinschaften ambulant betreut und in die Gesellschaft reintegriert werden. Sennhauser, der ein Vertreter alter Strukturen ist, versucht im Hintergrund geschickt das Projekt zu sabotieren. Es gelingt ihm, Marc und Christa gegen-
einander auszuspielen. Außerdem lässt er Christa ihr Projekt wissentlich mit einer gefährdeten Patientin testen, sodass nach einem schrecklichen Vorfall all ihre Bemühungen umsonst gewesen zu sein scheinen.


Der Film lebt vom Spannungsfeld zwischen der hierarchischen alten Psychiaterwelt mit ihren Machtspielen (es gibt keine Psychiaterin) auf der einen und der Sozialarbeit auf der anderen Seite, die auf Menschlichkeit und Augenhöhe zu den Patienten setzt. Christa scheitert, gibt sich die Schuld, zieht sich zurück. Beteiligt sich aber ein Jahr später an den Aufbauarbeiten der Stiftung Pro Mente Sana, die in der Realität 1978 mithilfe einer anonymen Spende vom Arzt Paul Plattner (1907–1980) gegründet wurde. Heute finanziert sie sich mit öffentlichen Geldern von Bund, Kantonen und Gemeinden, Spenden und eigenen Erträgen. Die Arbeit der Stiftung besteht darin, um Verständnis für psychisch kranke Menschen zu werben. Zudem fördert sie die Selbsthilfe und setzt sich für Empowerment sowie für Recovery-orientierte Behandlungsangebote ein.


Regie in dem Spielfilm führte Marcel Gisler, gedreht wurde an mehreren Orten in den Kantonen Zürich und Solothurn. Der Film ist inspiriert durch eine wahre Geschichte, nämlich durch die Erfahrungen einer ehemaligen Sozialarbeiterin der Klinik Münsterlingen. Es handele sich um Fiktion und Dokumentation zugleich, so Marcel Gisler. Ursprünglich sei die Idee gewesen, etwas zu Medikamentenversuchen in Münsterlingen zu machen. Weil der Sender dazu aber eine Dokumentation in Auftrag gab, entstand sodann die Idee, begleitend in einem Spielfilm die damaligen Hintergründe und Strukturen darzustellen. (A. Hinrichs)
Die SRF-Dokumentation zu den Medikamentenversuchen ist auf youtube.de zu sehen (siehe ).